Die Ergänzungspflegschaft

Im Rahmen einer Ergänzungspflegschaft wird die elterliche Sorge für ein minderjähriges Kind auf eine dritte Person übertragen, um so das Wohlergehen des Minderjährigen sicherzustellen. Aufgrund der hohen Hürden, die an einen vollständigen Entzug der elterlichen Sorge geknüpft sind, wie zum Beispiel bei einer Vormundschaft, erfolgt in der Regel erst einmal ein Teilentzug der elterlichen Sorge, indem ein Ergänzungspfleger bestellt wird. Auf diese Art und Weise behält sich der Gesetzgeber das Recht vor, im Falle einer vermeintlichen Kindeswohlgefährdung schnell und unkompliziert einzugreifen.

Eine Ergänzungspflegschaft ist aber nicht nur für Minderjährige möglich, sondern kann auch für Personen angeordnet werden, die unter Vormundschaft stehen. Falls also Anlass zur Annahme besteht, dass der Vormund der betreffenden Person seinen Pflichten nicht adäquat nachkommt, kann ein Teilbereich der Sorge durch eine Ergänzungspflegschaft gerichtlich auf eine dritte Person übertragen werden.

Möglichkeiten zur Bestellung einer Ergänzungspflegschaft

Im Falle einer Kindeswohlgefährdung bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Bestellung einer Ergänzungspflegschaft. So kann eine Ergänzungspflegschaft im Zusammenhang mit einem Strafverfahren bezüglich der Ausübung des Aussageverweigerungsrechts bestellt werden. Weitaus häufiger kommt es jedoch vor, dass eine Ergänzungspflegschaft auf Basis eines familiengerichtlichen Eingriffs in das Sorgerecht bestellt wird. Unabhängig davon, warum eine Ergänzungspflegschaft bestellt wird, verbleibt das Sorgerecht nach wie vor beim bisherigen Sorgerechtsinhaber, also in der Regel den Eltern. Per Gerichtsbeschluss findet lediglich die Übertragung bestimmter Aufgaben statt, sodass eine Ergänzungspflegschaft einem Teilentzug der elterlichen Sorge entspricht.

Gemäß Strafprozessordnung können Eltern auch kraft Gesetzes von der Vertretung ihres minderjährigen Kindes ausgeschlossen werden, wodurch ebenfalls eine Ergänzungspflegschaft erforderlich wird. Der durch das Familiengericht bestellte Ergänzungspfleger dient jedoch nur zur Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts des Kindes und verfügt somit nur über geringfügige Befugnisse. Aus diesem Grund ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers in solchen Situation meist nicht ausreichend und ein weiterer Eingriff in das Sorgerecht erforderlich.

Eine Ergänzungspflegschaft kann dem deutschen Gesetzgeber entsprechend aber nicht nur im Falle einer Kindeswohlgefährdung angeordnet werden, sondern auch in Fällen, in denen der Vormund einer unter Vormundschaft stehenden Person oder die Eltern eines minderjährigen Kindes nicht in der Lage sind, bestimmte Angelegenheiten des Schützlings zu regeln. Ist dies der Fall, kann per Gerichtsbeschluss eine Ergänzungspflegschaft bestellt werden, die sich dann um die Angelegenheiten des Kindes bzw. der unter Vormundschaft stehenden Person kümmert.

So muss keine Kindeswohlgefährdung vorliegen, damit eine Ergänzungspflegschaft bestellt werden kann. Stellt sich beispielsweise heraus, dass der Vormund einer Person oder die Eltern eines Kindes mit der Vermögensverwaltung überfordert sind, kann ein gerichtlich bestellter Ergänzungspfleger diese Aufgaben übernehmen. In vielen Fällen verfügt ein Erblasser auch in seinem Testament oder Erbvertrag, dass die Verwaltung des Vermögens, das die unter Vormundschaft stehende Person oder das minderjährige Kind von Todes wegen erwirbt, durch einen Ergänzungspfleger verwaltet wird. Auf diese Art und Weise kann der Erblasser sichergehen, dass das Vermögen im Interesse des Erben eingesetzt wird und vor Zugriffen durch den Vormund bzw. die Eltern geschützt ist.

Juristische Basis der Ergänzungspflegschaft

Die juristische Basis für die Ergänzungspflegschaft findet sich in §§ 1.909 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches. Im ersten Abschnitt des Gesetzestextes wird exakt definiert, in welchen Fällen die Bestellung eines Ergänzungspflegers zulässig ist. Demzufolge ist eine derartige Pflegschaft immer dann angebracht, wenn die Eltern eines minderjährigen Kindes bzw. der gesetzliche Vormund einer Person bestimmte Aufgaben und Angelegenheiten nicht regeln können. Im Rahmen einer Ergänzungspflegschaft findet ein Teilentzug der Sorge statt, sodass der fragliche Aufgabenbereich durch einen Ergänzungspfleger übernommen wird. § 1.909 BGB räumt zudem Erblassern die Möglichkeit ein, in ihrer letztwilligen Verfügung festzulegen, dass der Erbteil durch einen Ergänzungspfleger verwaltet werden soll, sofern es sich bei dem Erben um ein minderjähriges Kind oder eine unter Vormundschaft stehende Person handelt.

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