Stammesprinzip

Die gesetzliche Erbfolge ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Erbrechts heute wie gestern und regelt die Erbfolge streng nach dem Stammesprinzip für den Fall, dass kein rechtskräftiges Testament oder keine andere entsprechende Verfügung von Todes wegen vorliegt. Hat der verstorbene Erblasser nicht für seinen eigenen Todesfall vorgesorgt, ist demzufolge die gesetzliche Erbfolge für die Verteilung des Nachlasses ausschlaggebend. Auf diese Art und Weise herrscht zu jedem Zeitpunkt juristische Klarheit über die Nachlassverteilung. Existiert nur ein Erbe, ist dies üblicherweise ein leichtes Unterfangen, schließlich geht das gesamte Vermögen des Verstorbenen auf den Alleinerben über. In den meisten Fällen hinterlässt ein Erblasser allerdings mehrere Erben, die dann gemeinsam die Erbengemeinschaft bilden. Im Zuge der Erbauseinandersetzung wird das Nachlassvermögen dann der gesetzlichen Erbfolge oder der Verfügung von Todes wegen entsprechend unter den Miterben aufgeteilt. Die Formalitäten im Todesfall werden durch die engsten Angehörigen erledigt.

In Deutschland bildet die Testierfreiheit ein wichtiges Element des Erbrechts und ist in § 1937 BGB juristisch verankert. Demzufolge ist es künftigen Erblassern freigestellt, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten. Folglich hat jeder Verbraucher die Möglichkeit, eine individuelle Erbeinsetzung vorzunehmen und so mit einer gewillkürten Erbfolge für den eigenen Todesfall vorzusorgen. Eine letztwillige Verfügung ist dennoch in Deutschland nur in einem Bruchteil aller Erbfälle vorhanden, so dass in der Regel die gesetzliche Erbfolge greift.

Das Ordnungssystem als Basis der gesetzlichen Erbfolge

Der gesetzlichen Erbfolge liegt in erster Linie das Verwandtenerbrecht oder die Verwandtenerbfolge nach dem Stammesprinzip zur Nachlassverteilung ohne Testament zugrunde, so dass im Zuge dessen ausschließlich Verwandte des verstorbenen Erblassers zur Erbfolge berufen werden. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner bilden hier die einzigen Ausnahmen und verfügen über ein gesetzliches Erbrecht, obwohl sie nicht mit dem Verstorbenen verwandt waren. Ansonsten berücksichtigt der deutsche Gesetzgeber in der gesetzlichen Erbfolge aber ausschließlich Personen, die in einem engen oder weiteren verwandtschaftlichen Verhältnis zu dem verstorbenen Erblasser standen. Natürlich kann der Nachlass nicht unter allen Verwandten aufgeteilt werden, weshalb eine entsprechende Rangordnung erforderlich ist. Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge schafft eine solche Rangfolge und sorgt dafür, dass die nächsten lebenden (Repräsentationsprinzip) Angehörigen vorrangig behandelt werden und weiter entfernte Verwandte von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen. Ein verstorbener Erbe kann allerdings nicht erben, sodass hier das Stammesprinzip dessen Abkömmlinge zum Erben beruft.

Die Abkömmlinge des Erblassers haben absoluten Vorrang und bilden daher die erste Ordnung. In der zweiten Ordnung werden die Eltern des Verstorbenen sowie deren Abkömmlinge berücksichtigt, während die Großeltern und deren Abkömmlinge der dritten Ordnung zugeordnet werden. Die Urgroßeltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge finden in der vierten Ordnung Berücksichtigung. Entferntere Verwandte werden in der fünften oder einer ferneren Ordnung beachtet.

Die gesetzliche Erbfolge des deutschen Erbrechts basiert demzufolge auf einem ausgeklügelten System, das in §§ 1924 ff. BGB juristisch verankert ist, und ruft ausschließlich die nächsten Verwandten eines Verstorbenen zur Erbfolge. Sind beispielsweise Erben der ersten Ordnung vorhanden, gehen alle Erben nachfolgender Ordnungen leer aus, es sei denn, der Verstorbene hat eine anderslautende Verfügung von Todes wegen hinterlassen. Ist dies nicht der Fall, erben somit ausschließlich die Erben erster Ordnung. Hierbei gilt es zu beachten, dass nicht alle Erben der erbberechtigten Ordnung auch zur Erbfolge berufen werden. Innerhalb der Ordnungen existiert ebenfalls eine gewisse Rangordnung, bei der es sich um das sogenannte Repräsentationsprinzip beziehungsweise Stammesprinzip handelt.

Das Stammesprinzip innerhalb der einzelnen Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge

Üblicherweise besteht eine Ordnung innerhalb der gesetzlichen Erbfolge aus mehreren Erben. Ist erst einmal geklärt, welche Ordnung in dem konkreten Erbfall relevant ist, gilt es folglich durch das Nachlassgericht festzustellen, welche Personen, die dieser Ordnung zuzuordnen sind, überhaupt zur Erbfolge berufen werden. Das Stammesprinzip ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung und gewissermaßen die Basis für die diesbezügliche Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland.

Die konkreten Bestimmungen des Stammesprinzips ergeben sich unter anderem aus § 1924 BGB. Der deutsche Gesetzgeber geht hierin auf die gesetzlichen Erben erster Ordnung ein und gibt vor, wie das Stammesprinzip anzuwenden ist. So schließt ein lebender Abkömmling alle Abkömmlinge von der gesetzlichen Erbfolge aus, die über ihn mit dem Erblasser verwandt waren. Im Gegenzug werden die Abkömmlinge als direkte Nachfahren eines vorverstorbenen Erben auf Grundlage des Stammesprinzips zur Erbfolge berufen. Grundsätzlich lässt sich demnach feststellen, dass das Stammesprinzip dafür Sorge trägt, dass eine Erbfolge nach Stämmen stattfindet.

Anhand eines praktischen Beispiels zeigt sich die Funktionsweise des Stammesprinzips besonders gut. Hinterlässt ein Erblasser Kinder und Enkelkinder, ist zunächst die erste Ordnung relevant und schließt alle nachfolgenden Ordnungen von der Erbfolge aus. Das Nachlass-Vermögen wird dann unter den Kindern des Verstorbenen aufgeteilt, so dass die Enkelkinder des Erblassers über kein Erbrecht verfügen. Ist allerdings eines der Kinder des Erblassers bereits vorverstorben, treten dessen Kinder nach dem Stammesprinzip an seine Stelle und teilen sich somit den Erbteil des Vorverstorbenen. Auf diese Art und Weise schafft das Stammesprinzip innerhalb der einzelnen Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge eine Hierarchie, indem zunächst die eigenen Kinder das Haus erben und erst nach deren Ableben die Enkel.

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