Besitzverhältnisse
Das im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerte Sachenrecht ist in der Bundesrepublik Deutschland die Basis für die juristische Auslegung von Besitzverhältnissen. So setzt sich das Dritte Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches im ersten Abschnitt von §§ 854 bis 872 BGB intensiv mit dem Besitz auseinander und gibt alle relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen vor. Wenn es um Besitzansprüche oder Besitzverhältnisse geht, gibt das im BGB verankerte Sachenrecht Aufschluss.
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Besitz und Eigentum
Vielen juristischen Laien ist überhaupt nicht bewusst, dass die Begriffe Eigentum und Besitz unterschiedliche Dinge bezeichnen, weshalb diese oftmals fälschlicherweise als Synonyme füreinander verwendet werden. Dies entspricht allerdings nicht den gesetzlichen Tatsachen, denn in der Rechtsprechung wird genau zwischen Besitz und Eigentum differenziert. Aus diesem Grund ist es ratsam, sich umfassend mit diesem Thema zu befassen, um so seine diesbezüglichen juristischen Kenntnisse zu erweitern. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang vor allem die Tatsache, dass der Eigentümer die rechtliche Herrschaft über sein Hab und Gut hat. Im Gegensatz dazu hat der Besitzer die tatsächliche Herrschaft über eine Sache, ohne deren rechtmäßiger Eigentümer sein zu müssen.
Der Besitz ist demzufolge unabhängig von dem Eigentum einer Sache und orientiert sich ausschließlich daran, wer über den betreffenden Gegenstand verfügt. Besitzverhältnisse können sich daher aus einem Mietverhältnis oder auch einem Diebstahl ergeben. Während sich das Eigentum in erster Linie auf rechtliche Aspekte konzentriert, basieren Besitzverhältnisse stets auf tatsächlichen Zuständen. Obgleich der Eigentümer einer Sache häufig auch deren Besitzer ist, muss dies folglich nicht zwingend der Fall sein.
Juristischen Laien erscheint der Begriff des Eigentums oft recht abstrakt, schließlich ist hiermit das rechtliche Herrschaftsrecht über einen Gegenstand gemeint. Besitzverhältnisse sind dahingegen für gewöhnlich sofort ersichtlich und daher klar. In wessen Besitz sich eine Sache befindet, ist schließlich in der Regel absolut eindeutig. Ob der Besitzer auch tatsächlich der Eigentümer ist, lässt sich für Außenstehende dahingegen nur schwer oder gar nicht ausmachen. Ob der Fahrer eines Wagens diesen käuflich erworben, geleast oder sogar gestohlen hat, ist zunächst nicht erkennbar. Zudem ist ohne nähere Kenntnis der Umstände auch nicht klar, ob der Bewohner einer Immobilie auch deren Eigentümer oder nur deren Besitzer ist. Hin und wieder kommt es auch vor, dass sich jemand unrechtmäßig einer Erbschaft bemächtigt, hierbei spricht der Gesetzgeber von einem Erbschaftsbesitzer. Bei rechtmäßiger Vermögensübertragung handelt es sich schließlich um einen Beschenkten oder um einen Erben.
Anhand dieser Beispiele zeigt sich die Schwierigkeit für Verbraucher, in der Praxis zwischen Eigentum und Besitz zu differenzieren. Wenn es allerdings um juristische Belange, wie zum Beispiel den Verkauf einer Sache geht, reicht ein bloßes Besitzverhältnis nicht aus, da ausschließlich der Eigentümer von Gesetzes wegen über ein entsprechendes Herrschaftsrecht verfügt.
Besitzverhältnisse im Erbrecht
In Zusammenhang mit einem Erbfall sind die Besitzverhältnisse ebenfalls von großer Bedeutung und bedürfen einer genauen Klärung. Durch den Tod des Erblassers, der bis dahin der Eigentümer der Nachlassgegenstände war, stellt sich die Frage, was nun mit dem Hab und Gut des Verstorbenen geschieht. Hier kommt das BGB-Erbrecht ins Spiel, das die rechtlichen Verhältnisse genau regelt und somit den Rahmen für Erbschaften vorgibt. Grundsätzlich handelt es sich bei einer Erbschaft um einen Erwerb von Todes wegen, so dass der Erwerber, in diesem Fall der Erbe, als neuer Eigentümer der Sache gilt. Dies ergibt sich unter anderem aus § 1922 BGB, wo die Gesamtrechtsnachfolge als zentrales Prinzip des deutschen Erbrechts definiert wird. Demzufolge geht das gesamte Vermögen des verstorbenen Erblassers auf dessen Erben über, die somit einen Erbschein erhalten und legitim zu neuen Eigentümern des Nachlasses werden.
Auf den ersten Blick erscheint die Sachlage recht einfach, doch in der Praxis ergeben sich nicht selten noch gewisse Schwierigkeiten. Zunächst gilt es zu beachten, dass bei mehreren Berechtigten die Erbengemeinschaft Eigentümerin des gesamten Nachlasses wird. In den meisten Fällen hinterlässt ein Erblasser schließlich nicht nur einen Erben, sondern mehrere erbberechtigte Personen, die im Zuge dessen gemeinsam die Erbengemeinschaft bilden. Erst im Rahmen der Erbauseinandersetzung (hierbei handelt es sich nicht um einen Streit der Miterben, sondern um die Auflösung und Verteilung der Erbschaft) wird der Nachlass unter den Miterben aufgeteilt, wodurch die einzelnen Erben zu Eigentümern ihres Erbteils werden. Wer in welcher Form eine Erbberechtigung hat, ergibt sich aus der Verfügung von Todes wegen des Verstorbenen oder alternativ aus der gesetzlichen Erbfolge.
Auch wenn es um eine Erbschaft geht, entsprechen die Besitzverhältnisse nicht zwingend den Eigentumsverhältnissen. So kommt es immer wieder vor, dass sich der Nachlass zumindest teilweise im Besitz von Personen befindet, die über keine entsprechende Erbberechtigung verfügen. Gemäß § 2018 BGB spricht man, wie oben bereits erwähnt, in einem solchen Fall von einem Erbschaftsbesitzer, sofern sich dieser auf ein nicht existierendes Erbrecht beruft und demzufolge unrechtmäßig im Besitz des Nachlassvermögens ist. Im Gegensatz dazu gelten Personen, die zwar im Besitz von Nachlassgegenständen sind, sich allerdings auf kein Erbrecht berufen, nicht als Erbschaftsbesitzer. Die tatsächlichen Erben haben natürlich einen juristischen Anspruch auf ihr Erbe und können daher die Herausgabe vom Erbschaftsbesitzer verlangen.