Pflichtteilsberechtigte können Inventarerrichtung verlangen
Im Zusammenhang mit erbrechtlichen Angelegenheiten beschreibt der Ausdruck Inventar die Auflistung aller im Nachlass befindlicher Gegenstände und Vermögenswerte. Dieses Verzeichnis enthält darüber hinaus auch sämtliche Nachlassverbindlichkeiten und ermöglicht so einen Überblick über die angefallene Erbschaft. Nicht nur die Erben selbst, sondern auch die Nachlassgläubiger erhalten auf diese Art und Weise Auskunft über den Nachlass und können sich ein Bild hierüber machen.
Die Inventarerrichtung beschreibt das Einreichen dieses Verzeichnisses und somit einen zentralen Vorgang im Zuge eines Nachlassverfahrens. Jeder Erbe hat grundsätzlich ein Anrecht darauf, ein solches Nachlassverzeichnis zu erstellen, wobei stets zu beachten ist, dass die Inventarerrichtung verbindlich ist. Darüber hinaus muss für die Erstellung einer Inventarliste über das Nachlassvermögen und die Nachlassverbindlichkeiten zwingend ein Notar, ein zuständiger Beamter oder die zuständige Behörde hinzugezogen werden. Auf diese Art und Weise verhindert der deutsche Gesetzgeber den Alleingang eines Erben. Bei berechtigten Zweifeln des Gläubigers oder des Pflichtteilsberechtigten kann auch das amtliche Nachlassverzeichnis verlangt werden.
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Nachlassverzeichnis beim Nachlassgericht beantragen
Alternativ besteht auch die Möglichkeit, dass ein Erbe die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses beim zuständigen Nachlassgericht beantragt. Auch die Übertragung dieser Aufgabe an einen Notar ist möglich, sodass die Erben die Inventarerrichtung einem Fachmann überlassen können.
Neben der in § 1993 BGB geregelten freiwilligen Inventarerrichtung kann das zuständige Gericht im Aufgebotsverfahren oder im Zuge einer Nachlassinsolvenz auch die Errichtung eines Inventars anordnen. Hierdurch wird der Erbe juristisch zur Inventarerrichtung verpflichtet und hat somit nicht die Wahl.
Nachlassgläubigern steht es frei, beim zuständigen Nachlassgericht zu beantragen, dass dem Erben für die Inventarerrichtung eine Frist gesetzt wird. Kommt dieser in dieser Zeit nicht der Aufforderung nach, ein Verzeichnis über den Nachlass zu erstellen und einzureichen, geht die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten komplett auf den Erben über. Folglich haben die Nachlassgläubiger dann auch Zugriff auf das private Eigenvermögen des Erben, der durch sein Versäumnis unbeschränkt haftet.
Die Inventarerrichtung und das Pflichtteilsrecht
Die Inventarerrichtung ist aber nicht nur im Zusammenhang mit Nachlassverbindlichkeiten zur Haftungsbeschränkung von zentraler Bedeutung, sondern auch im Pflichtteilsrecht von Belang. Wird eine pflichtteilsberechtigte Person testamentarisch vom Erblasser enterbt, geht diese keinesfalls leer aus. Statt des gesetzlichen Erbteils, erhält die betreffende Person jedoch lediglich den Pflichtteil, der sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beläuft. Welchen Anteil dieser gesetzliche Erbteil ausgemacht hätte, hängt natürlich davon ab, welcher Erbenordnung derjenige angehört.
Wurde ein Erbe vom Erblasser durch dessen letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen, hat dieser also dennoch einen Pflichtteilsanspruch. Da dieser die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ausmacht, ist der Umfang des gesamten Nachlasses für die Höhe des Pflichtteils ausschlaggebend.
Nach § 1993 BGB hat jeder Erbe ein Anrecht darauf, das Nachlassverzeichnis beim Nachlassgericht einzusehen.
Die hierin verzeichneten Vermögenswerte sind die Basis für die Pflichtteilsberechnung, sodass Pflichtteilsberechtigte unbedingt von ihrem Recht Gebrauch machen sollten.