Ist das deutsche Erbrecht heute noch zeitgemäß?
Eine Wissenschaftlerin der Universität Regensburg beschäftigt sich mit dem Thema in Zusammenhang mit dem demographischen Wandel.
Auf dem umfassenden Bereich des Erbrechts erscheint der unausgesetzte demographische Wandel zunächst einmal keine Auswirkungen zu haben. Der Umstand, dass zukünftig weniger potentielle Erben in den Kinder Generationen zu finden sind ist kaum problematisch. Einer Studie zufolge hat Prof. Dr. Inge Kroppenberg von der Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Regensburg jedoch darauf hingewiesen, dass auch die Erblasser – also die Personen, die den Nachlass weitergeben – immer älter werden. Diese Tatsache hat allerdings weitreichende Folgen auf das Erbrecht.
Im Jahre 2050 wird Schätzungen zufolge jeder dritte Einwohner in Deutschland das 60. Lebensjahr weit überschreiten. Jeder siebte Mensch wird vermutlich das 80. Lebensjahr vollenden. Erblasser verfügen aufgrund dessen oft erst später über das Vermögen. Mit der Erbrechtsreform wurde der Gestaltungsspielraum der Erblasser erweitert.
Beachtet das Erbrecht die Folgen des demographischen Wandels?
Die zweite lauernde Gefahr ist, dass mit zunehmendem Alter auch die Wahrscheinlichkeit von Demenzerkrankungen steigt. Eine zunehmende Anzahl von Erblassern könnte nicht mehr in der Lage sein, selbst bestimmte Entscheidungen zu treffen. Eine Einflussnahme von Dritten kann hierbei nicht mehr ausgeschlossen werden.
Prof. Dr. Inge Kroppenberg „Gegenwärtig reagiert das Erbrecht darauf nur punktuell, so zum Beispiel mit einem Verbot, Testamente zugunsten von Heimpersonal zu schreiben, sofern der Erblasser Heimbewohner oder Bewerber zur Heimunterbringung ist. Allerdings liegt auf der Hand, dass von einer Demenz betroffene Erblasser nicht nur Menschen sind, die bereits im Heim leben“. Die erbrechtliche Problematik in ihrer gesamten Tragweite steckt nach Ansicht von Prof. Dr. Inge Kroppenberg noch in den Kinderschuhen.
Des Themas „Erbrecht in einer alternden Gesellschaft“ hat sich die gesetzliche Erbfolge angenähert beim Ausgleich von Pflegeleistungen.
Die Reformgesetze wurden bei einer erbrachten Pflegeleistung für Miterben – wie Abkömmlingen, die Vater oder die Mutter gepflegt haben – bei der erbrechtlichen Auseinandersetzung verbessert. Diese Regelung ist „ein Schritt in die richtige Richtung“, wie Prof. Dr. Inge Kroppenberg akzentuiert.
Gesetzgeber hat das Thema der alternden Gesellschaft noch nicht richtig erfasst
Es ist sowohl ein Stück Teilhabegerechtigkeit für Pflegende und eine Anerkennung. Der Gesetzgeber ist ihrer Meinung nach jedoch leider auf halbem Weg stehen geblieben. Diese Regelung sollte für alle Personen gelten, die einen potentiellen Erblasser gepflegt haben. Zum Beispiel auch für Partnerinnen von nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Auf diesem Feld sind aus Sicht der Regensburger Rechtswissenschaftlerin noch einige Reformen notwendig.
Die Fachzeitschrift: ErbR – Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis erläutert diese Ausführungen (Inge Kroppenberg, Erbrechtliche Herausforderungen des demographischen Wandels, ErbR – Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis 7 (2010), S. 206-216).
Diese Problematik der alternden Gesellschaft im Erbrecht ist auch ein Thema während des 68. Deutschen Juristentags. Bei dieser Tagung im September in Berlin wird dies mit der Vorgabe: „Ist unser Erbrecht noch zeitgemäß?“ öffentlich diskutiert.
Quellen:
Prof. Dr. Inge Kroppenberg – Universität Regensburg – Fakultät für Rechtswissenschaft
URL der Pressemitteilung: http://idw-online.de/pages/de/news382378