Internationales Erbrecht: Russland
Das Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation enthält sämtliche Angaben zum russischen Erbrecht und ist demnach die juristische Basis für erbrechtliche Angelegenheiten in Russland. Gemäß Art. 1224 ZGB unterscheidet das russische Erbrecht im Bezug auf das Erbstatut zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen. Unbewegliches Vermögen, wie zum Beispiel Immobilien, unterliegt demnach dem Erbrecht des Landes, in dem es sich befindet. Im Gegensatz dazu ist der letzte Wohnsitz des verstorbenen Erblassers bei beweglichem Vermögen entscheidend dafür welches Erbrecht hierfür Anwendung findet. In Sachen Testierfähigkeit ist nach Art. 1224 Abs. 2 ZGB der Wohnsitz des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung auch im Zusammenhang mit unbeweglichen Vermögen entscheidend. So wird mit dem unbeweglichen Vermögen nach dem Erbrecht des Landes verfahren, in dem der Testator zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments seinen Wohnsitz hatte.
Ähnlich wie in vielen anderen Ländern auch, differenziert das russische Erbrecht zwischen der gesetzlichen und der gewillkürten Erbfolge. Das Erbrecht Russlands stellt künftige Erblasser also vor die Wahl, ob sie auf die gesetzliche Erbfolge vertrauen oder doch selbst eine gewillkürte Erbfolge im Rahmen eines Testaments definieren.
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Gesetzliche Erbfolge in Russland
Sofern der verstorbene Erblasser zu Lebzeiten keine letztwillige Verfügung verfasst und somit keine Anweisungen bezüglich seines Nachlasses hinterlassen hat, greift in Russland die gesetzliche Erbfolge. Als gesetzliche Erben erkennt das russische Erbrecht ausschließlich natürliche Personen an. Ähnlich wie in Deutschland und vielen weiteren Staaten basiert auch die gesetzliche Erbfolge Russlands auf einem Ordnungssystem. Der russische Gesetzgeber kennt insgesamt sieben Ordnungen, wobei die Erben einer höheren Erbfolge selbstverständlich bevorzugt werden. Dies bedeutet, dass beispielsweise die Erben der zweiten Ordnung und die Erben aller nachfolgenden Ordnungen im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge Russlands nicht am Nachlass beteiligt werden, sofern Erben der ersten Ordnung existieren.
Der überlebende Ehegatte, die Kinder, sowie die Eltern des Erblassers bilden gemeinsam die erste Ordnung innerhalb der gesetzlichen Erbfolge. Falls keine Erben dieser Ordnung existieren, wird den Mitgliedern der zweiten Ordnung das gesetzliche Erbrecht zuteil. Im Zuge dessen erben die Großeltern des verstorbenen Erblassers ebenso, wie dessen Geschwister und Halbgeschwister. Die dritte Ordnung ist in Russland den Tanten und Onkel vorbehalten.
Testament in Russland
Alternativ zur gesetzlichen Erbfolge können künftige Erblasser in Russland auch eigene Verfügungen für ihren Todesfall erstellen und durch die Errichtung eines Testaments selbst verfügen, wer am eigenen Nachlass beteiligt werden soll und in welcher Höhe. Sämtliche mit dem russischen Testament im Zusammenhang stehenden Rechtsvorschriften finden sich im Zivilgesetzbuch der Russischen Föderation. Damit ein Testament in Russland anerkannt wird, muss es den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und darf hiervon auch nicht abweichen. Ein rechtskräftiges Testament muss außerdem schriftlich und persönlich vom Erblasser verfasst und von einem Notar beglaubigt werden.
Neben dem klassischen Testament kennt das russische Erbrecht auch noch eine besondere Form der letztwilligen Verfügung, die sich ausschließlich auf Geldmittel bezieht, die sich auf Bankkonten befinden. Eine solche Verfügung wird ebenfalls schriftlich erstellt, wobei dies in der Bankfiliale geschieht, die das betreffende Konto verwaltet.
Erblasser haben in Russland die Möglichkeit, testamentarisch einen Testamentsvollstrecker zu ernennen. Dieser übernimmt dann die Umsetzung des Testaments und stellt sicher, dass der letzte Wille des Verstorbenen auch befolgt wird. Ein solcher Testamentsvollstrecker schützt aber nicht nur das Eigentum des Erblassers, sondern kann mitunter auch zwischen den einzelnen Parteien vermitteln und so dafür sorgen, dass die Nachlassabwicklung geregelt abläuft.
Pflichtteil im russischen Erbrecht
Obgleich in Russland eine Testierfreiheit existiert und Erblasser demnach frei entscheiden können, wen sie in welcher Form im Rahmen ihrer letztwilligen Verfügung zu Erben machen existieren diesbezüglich gewisse Einschränkungen. So sieht der russische Gesetzgeber einen Pflichtteil für bestimmte Personen vor, falls diese durch das Testament verfassen nicht adäquat am Nachlass beteiligt werden. Im Zuge dessen steht minderjährigen Kindern des Erblassers ein Pflichtteil zu. Gleiches gilt für arbeitsunfähige Kinder des Verstorbenen, wobei bei diesen das konkrete Alter irrelevant ist. Grundsätzlich haben alle arbeitsunfähigen Familienmitglieder, die über eine Unterhaltsberechtigung dem Erblasser gegenüber verfügen, einen juristischen Anspruch auf den Pflichtteil.
Erbschaftssteuer in Russland
Im Bezug auf die Erbschaftssteuer ist Russland eine große Ausnahme im internationalen Vergleich. Anders als die meisten anderen Staaten erhebt die russische Föderation keine Erbschaftssteuer, sodass man in Russland steuerfrei erbt. Dies wurde durch eine Reform ermöglicht, die zum 01. Januar 2006 in Kraft trat und die Abschaffung der Erbschaftssteuer in Russland zur Folge hatte.
Lediglich Schenkungen, die Immobilien betreffen, werden nach russischem Recht versteuert. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn das betreffende Objekt an keinen nahen Verwandten des Schenkers übergeht. Ist dies der Fall, wird die übliche Einkommenssteuer in Höhe von 13 Prozent fällig.
– Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
– Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)