Internationale Bestimmungen zum Erbrecht fehlen

Moderne Kommunikationsmittel, einfache Verkehrsverbindungen und eine vernetzte Wirtschaft sorgen dafür, dass die Ländergrenzen im Alltag mehr und mehr in den Hintergrund treten und für viele Menschen an Bedeutung verlieren. Insbesondere innerhalb der Europäischen Union ist dies der Fall, da es mittlerweile jedem EU-Bürger grundsätzlich freigestellt ist, sich an einem Ort seiner Wahl innerhalb der Europäischen Union niederzulassen und das betrifft im Ernstfall auch den Nachlass. Handelt es sich hierbei nämlich um einen Wohnsitz außerhalb des Heimatlandes, muss man lediglich nachweisen können, dass man in der Lage ist, finanziell für sich zu sorgen. Ist sichergestellt, dass der jeweilige Staat nicht für den Lebensunterhalt des Einwanderers aufkommen muss, steht einem solchen Umzug innerhalb der EU somit nichts im Wege.

Aber auch ansonsten findet ein reger Austausch der Kulturen statt, so dass jedes Jahr viele deutsche Bundesbürger in der Ferne eine neue Heimat finden. Gleichzeitig kommen auch zahllose Einwanderer nach Deutschland und lassen sich hier nieder. Verstirbt ein Auswanderer beziehungsweise Einwanderer kann sich dies als recht diffizile Angelegenheit erweisen, weil bis dato keine einheitlichen internationalen Bestimmungen zum Erbrecht existieren.

Schwierigkeiten internationaler Erbfälle

Die Regelung des Erbrechts obliegt selbstverständlich jedem Staat selbst (z.B. Erbrecht Spanienitalienisches Erbrecht usw.), so dass es dessen Angelegenheit ist, eine juristische Basis zum Erben und Vererben zu schaffen. In der entsprechenden Gesetzesgrundlage setzt sich der jeweilige Gesetzgeber für gewöhnlich mit den Grundsätzen des Vererbens auseinander, definiert die gesetzliche Erbfolge und gibt darüber hinaus die Rahmenbedingungen für Verfügungen von Todes wegen vor. In den meisten Fällen ergibt sich so aus dem nationalen Erbrecht eine eindeutige Rechtslage, die keine Fragen offen lässt und für klare Verhältnisse sorgt. Kommt es jedoch zu einem Erbfall, für den das Erbrecht mehrerer Staaten von Bedeutung ist, können sich durchaus Schwierigkeiten ergeben.

Jeder Staat hat eigene Vorschriften und Regeln zum Erbrecht, so dass grundsätzlich keine Fragen offen bleiben dürften. Im Falle eines Erbfalls mit Auslandsbezug ist dies aber oftmals anders, da in einer solchen Situation mitunter die Gesetze mehrerer Staaten zur Anwendung kommen. So kommt es immer wieder vor, dass die erbrechtlichen Bestimmungen der betreffenden Länder einen starken Kontrast bilden und sich mitunter sogar widersprechen. Hieraus ergibt sich eine gewisse Zwickmühle, weil dann nicht allen Bestimmungen zum Erbrecht Rechnung getragen werden kann. 

Diese Problematik zeigt sich unter anderem bei deutsch-französischen Erbfällen. Der deutsche Gesetzgeber koppelt die Zuständigkeit stets an die Staatsangehörigkeit, so dass für einen französischen Erblasser, der zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft war, das Erbrecht Frankreichs gilt. Für das französische internationale Erbrecht ist dahingegen der letzte Wohnsitz des Verstorbenen ausschlaggebend. Folglich wird der betreffende Erbfall auf das deutsche Erbrecht zurückverwiesen, das dann zum Einsatz kommt. Diesem hin und her sollte durch eindeutige internationale Bestimmungen ein Ende durch die Politik gesetzt werden.

Internationale Bestimmungen zum Erbrecht sollten kommen

Selbst ohne Auslandsbezug erweist sich ein Erbfall stets als überaus komplexe Angelegenheit, die vor allem für juristische Laien praktisch nicht zu durchschauen ist. Ist aber nicht nur das nationale Erbrecht, sondern auch ausländisches Erbrecht relevant, ist die Verwirrung in der Regel groß, da sich zunächst die Frage stellt, wie nun verfahren werden muss. Selbst erfahrene Juristen brauchen mitunter einige Zeit, um sich einen Überblick zu verschaffen. Besonders schwierig ist die gesamte Situation, weil einheitliche internationale Bestimmungen zum Erbrecht fehlen. Jeder Staat beruft sich gegebenenfalls auf sein internationales Erbrecht, das nicht selten in Widerspruch mit den Bestimmungen des anderen Staates steht.

Vereinbarungen zwischen einzelnen Staaten, wie zum Beispiel das Haager Übereinkommen, sorgen zwar in vielen Fällen für eine klare Rechtslage, machen die ganze Sache aber deutlich komplizierter. Es gibt auch Doppelbesteuerungsabkommen zwischen einzelnen Staaten, damit geklärt ist, wo Erbschaftssteuer beim Auslandserbe zu bezahlen ist. Da jedoch keine einheitlichen Bestimmungen zum Erbrecht existieren, erweisen sich internationale Erbfälle dennoch als äußerst kompliziert und verzwickt. Es bleibt zumindest vorläufig die Hoffnung auf eine Einigung zum Europäischen Nachlasszeugnis.

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