Erbe in der Haftungsfalle
Dem deutschen Erbrecht liegt grundsätzlich die sogenannte Gesamtrechtsnachfolge zugrunde. In der Praxis bedeutet dies, dass der Nachlass in seiner Gesamtheit vollständig auf die Erben über geht. Bis zur Auseinandersetzung ist somit die Erbengemeinschaft Eigentümer der Erbschaft. Im Zuge der Erbauseinandersetzung wird dann das Erbe auf die einzelnen Erben übertragen, sodass diese über ihren jeweiligen Erbteil frei verfügen können. Es steht natürlich jedem Erben frei, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen.
Dass der Nachlass nicht nur aus Vermögenswerten bestehen kann, sondern oftmals auch Verbindlichkeiten enthält oder sogar vollkommen überschuldet ist, erfahren viele Erben erst im Ernstfall. So ist nicht selten die Ernüchterung groß, wenn sich herausstellt, dass der Erblasser vor allem Schulden hinterlassen hat. Wenn man den Erblasser nicht sehr gut kannte und seine finanziellen Transaktionen überblicken kann ist deshalb Vorsicht angeraten, ein Erbe vorschnell anzunehmen.
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Haftung der Erben laut Gesetz
Durch die Gesamtrechtsnachfolge gehen grundsätzlich alle Rechte und Pflichten des verstorbenen Erblassers auf dessen Erben über, mit Ausnahme höchstpersönlicher Rechte und Pflichten. Gibt es eine generelle Erbenhaftung? Ja, und praktisch bedeutet dies, dass die Erben nicht nur in den Genuss des Vermögens des Erblassers kommen, sondern gleichzeitig auch für dessen Verbindlichkeiten einstehen müssen. Die Erbenhaftung ist umfangreich und wer einen Erbschein in Händen hält ist rechtskräftiger Erbe und muss für alle Schulden einstehen. Dies ist aber selbstverständlich nur der Fall, wenn sich der betreffende Erbe für diese Annahme der Erbschaft entscheidet. Andersfalls muss dieser keinerlei Haftung befürchten, kann aber auch keine Ansprüche geltend machen.
Wer die Erbschaft annimmt, sollte im Vorfeld stets bedenken, dass er als Erbe für Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftbar gemacht werden kann. Folglich schmälern die Schulden des Erblassers nicht nur die Erbschaft, sondern können zudem auch das Privatvermögen der Erben gefährden. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, diesen Schritt genau zu überdenken und im Vorfeld ausführlich zu recherchieren, um am Ende keine böse Überraschung zu erleben.
Wie erreiche ich eine Haftungsbeschränkung?
Entdeckt man als Erbe erst später, dass der Nachlass überschuldet ist, steckt man bereits mitten in der Haftungsfalle. Der deutsche Gesetzgeber hält für solche Fälle aber noch eine Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung bereit, sodass das eigene Privatvermögen vor Zugriffen von Nachlassgläubigern geschützt werden kann. Das hierzu erforderliche Verfahren ist die Nachlassinsolvenz, oder der Nachlasskonkurs. Erben müssen im Zuge dessen aber berücksichtigen, dass sie auch im Falle eines Nachlassinsolvenzverfahrens mit ihrer gesamten Erbschaft haften. Der Nachlassinsolvenzverwalter befriedigt erst einmal sämtliche Nachlassgläubiger aus dem Nachlassvermögen. Die Erben erhalten demnach nur dann einen Erbteil, wenn nach der Tilgung noch Nachlassvermögen vorhanden ist. Hat das Erbe nicht zur Befriedigung aller Forderungen gereicht, haben die Erben dank des Nachlassinsolvenzverfahrens aber keine weiteren Konsequenzen zu fürchten und gehen lediglich hinsichtlich der Erbschaft leer aus. Im Gegenzug erweist sich ein derartiges Verfahren aber als wirksamer Schutz des privaten Eigenvermögens und ist somit die Rettung aus der Haftungsfalle.