Pflichtteilsergänzung in jedem Erbfall?

Die Pflichtteilsergänzung findet anders als der Pflichtteilsanspruch nicht im Falle einer Enterbung im Testament Anwendung, sondern dient vielmehr zum Ausgleich von groben Ungerechtigkeiten bei der Verteilung des Nachlasses. Auch wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten großzügige Schenkungen getätigt hat, hat dies Auswirkungen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Durch den Pflichtteilsergänzungsanspruch hat der deutsche Gesetzgeber Benachteiligungen einzelner Erben einen Riegel vorgeschoben. Falls ein Erblasser beispielsweise einen Großteil seines Vermögens vor seinem Tod verschenkt, damit der betreffende Erbe hierauf keinen Zugriff hat, kann der pflichtteilsberechtigte Erbe einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen und auf diese Art und Weise eine Aufstockung seines Erbteils erwirken.

Viele Erblasser versuchen auch die Pflichtteilsregelung zu umgehen, indem sie den jeweiligen Erben zwar berücksichtigen, diesem aber lediglich einen geringen Erbteil zuweisen. So findet keine Enterbung statt, während der entsprechende Erbe nur einen minimalen Anteil vom Nachlass erhält. Kommt ein Erbe in dieser Form zum Zuge, kann dieser ebenfalls einen Pflichtteilsergänzungsanspruch oder einen Pflichtteilsrestanspruch geltend machen, sofern er zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehört.

Der Zusatzpflichtteil

Wenn ein Erbe in der letztwilligen Verfügung des Erblassers nur geringfügig berücksichtigt wird und zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehört, kann dieser einen Anspruch auf eine Pflichtteilsergänzung geltend machen. Nach § 2305 BGB erhält der betreffende Erbe die Differenz zwischen seinem Erbteil und dem gesetzlichen Pflichtteil, der ihm zustehen würde, in Form eines Zusatzpflichtteils zugesprochen. Hierbei handelt es sich um einen Geldanspruch, der etwaige Benachteiligungen durch das Testament oder den Erbvertrag des Erblassers ausgleicht.

Schenkungen und der Pflichtteilsergänzungsanspruch

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch lt. §§ 2325 ff. BGB dient der Auffüllung von Vermögenslücken, die durch eine Minderung der Erbmasse, durch lebzeitige Schenkungen verursacht werden. Schenkungen sind unter künftigen Erblassern ein beliebtes Mittel, um ihre Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten aufzuteilen. Dies bietet einige Vorteile, schließlich kann der Schenker so sichergehen, dass sein Geschenk auch bei der richtigen Person landet. Darüber hinaus ist die Tatsache, dass im Falle einer Schenkung der gesetzliche Freibetrag alle zehn Jahre aufs Neue in Anspruch genommen werden kann, ein weiterer, wesentlicher Vorzug, denn auf diese Art und Weise lassen sich durch eine geschickte Nachlassplanung die späteren Erbschaftssteuern, die auf die Erben zukommen, auf ein Minimum reduzieren oder sogar ganz vermeiden.

Künftige Erblasser sollten aber stets bedenken, dass durch lebzeitige Schenkungen mitunter ein Pflichtteilsergänzungsanspruch einzelner Erben entstehen kann, da sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch aus dem fiktiven Nachlass ergibt, der neben dem tatsächlichen Erbe auch lebzeitige Schenkungen enthält. Sogenannte Pflicht- und Anstandsschenkungen bilden hier Ausnahmen und sind nicht ergänzungspflichtig. Demzufolge sind beispielsweise Gastgeschenke, Schenkungen an Bedürftige, Geschenke als Absicherung der Altersversorgung eines Lebenspartners, Spenden oder gebräuchliche Geschenke von dieser Regelung ausgenommen und werden somit nicht zum fiktiven Nachlass dazu gezählt.

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