Gefährdet der Pflichtteil ein Unternehmen?

Das Institut für Mittelstandsforschung berichtet, dass bis 2014 jedes Jahr 22.000 Unternehmen einen Nachfolger bestimmen müssten. Die Nachfolge des Unternehmens ist mit Herzblut verbunden, da es sich häufig um die Weitergabe des Lebenswerkes handelt. Eine strukturierte Vorgehensweise in der Firmenübernahme und Unternehmensnachfolge ist deshalb für viele Unternehmen überlebenswichtig. Eine ausreichende Vorlaufzeit ist deshalb dringend anzuraten. Das Ziel der meisten Unternehmensinhaber ist es aus dem Übergabewunsch eine geordnete Nachfolge zu schaffen. Wer die Firma erben soll oder kann muss längst nicht zwingend auch die Unternehmensführung übernehmen, diese gehört in fähige Hände und das will von langer Hand klug vorbereitet sein.

Viele Unternehmensführer, die eine Firma gegründet und mit viel Elan geführt haben fällt es schwer sich an den Gedanken zu gewöhnen, alles loszulassen, doch 2 – 3 Jahre Vorlaufzeit wäre angemessen und richtig. Die wichtigste Aufgabe ist hierbei die Bilanz und eine betriebswirtschaftliche Optimierung voranzutreiben. Auch das Lösen eventuell vorhandener Personalprobleme sollte der Übergebende noch selbst vornehmen, denn er kennt die Firmenstrukturen besser als ein neu eintretender Chef.

Sparen für den Pflichtteil?

„Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“ diese Maxime gilt in vielen Bereichen, vor allem auch beim Betriebsübergang im Familienunternehmen, wo der Spruch gleich zwei Bedeutungen hat. Einerseits ist es eine Tugend in fast jedem Familienunternehmen, sich in guten Zeiten Speck für magere Jahre wegzulegen und ein Guthaben anzusammeln. Andererseits sollte, wenn es ans Erben geht, noch etwas extra da sein, damit den Nachkommen der Pflichtteil ausbezahlt werden kann. „Denn Pflichtteile sind zwingend“, sagen Notare und Anwälte. Aus diesem Grund ist das Wissen darum auch für das Unternehmen wichtig, für das man Vorsorge trifft, damit im Todesfall genügend Mittel da sind. Ist das Unternehmen das einzige Familien-Vermögen, dann hat man als Erblasser mit der Forderung auf den Pflichtteil in der Tat ein Problem.

Rechtzeitig planen und gut übergeben ist hier die Devise: Denn Ist kein Privatvermögen da, weil der ganze Gewinn immer ins Unternehmen reinvestiert wurde – ist das zwar gut fürs Unternehmen – aber schlecht für denjenigen, der die Firma und damit das Vermögen einmal übernimmt. Der Erbe müsste in diesem Falle den Pflichtteil aus der Firmen-Substanz nehmen. Ein solches Szenario gilt es unbedingt zu vermeiden, denn das kann ein Familienunternehmen vielleicht tatsächlich in Gefahr bringen.

Unternehmen fühlen sich auch ihren Mitarbeitern gegenüber verpflichtet, weshalb eine solche Vorgehensweise höchst riskant und somit natürlich nicht ratsam ist. Besser ist eine vorausschauende Handlungsweise mit fachmännischem Rat.

Forderung des Pflichtteils – Auswirkungen auf Unternehmen

Ein Pflichtteil der Berechtigten ist immer eine reine Geldforderung. Gesetzt den Fall, der Erblasser hat zwei Kinder, setzt sich dieser aus der Hälfte der gesetzlichen Quote zusammen. Hat der Erblasser und Firmeninhaber nur ein Kind und ist dies auch der Firmennachfolger, dann erwächst aus dem Pflichtteil kein Problem. In den meisten Fällen gibt es jedoch weitere Miterben einer Erbengemeinschaft und dann ist es ratsam, diese Situation schon bei Lebzeiten zu regeln. Jeder Jurist rät den Firmeninhabern, rechtzeitig vorzusorgen, denn auch beim Enterben von gesetzlich Berechtigten besteht in den allermeisten Fällen unbenommen der Anspruch auf den Pflichtteil.

Das Pflichtteilsthema ist komplex und bedarf einer intensiven juristischen Unterstützung. Firmeninhaber sind gut beraten, dies zu regeln, um geordnet alles übergeben zu können. Im besten Falle hat dieser zum Schutz seiner Firma für die Erben privates Vermögen angespart und sich zudem eingehend mit dem Pflichtteil beschäftigt. Juristen werden in vielen Fällen auch zu einem Pflichtteilsverzicht raten, welcher dann im Familienkreis besprochen werden sollte.

Pflichtteilsverzicht mit Abfindung

Ein Pflichtteilsverzicht bedeutet, dass die Miterben oder Kinder, die nicht zum Zug kommen Zuwendungen erhalten, die nicht firmennotwendig, also verzichtbar sind. Abfindungen sind in der Praxis für jedweden Zuwendungsverzicht üblich und mit einer notariellen Erb- oder PflichtanteilVerzichtserklärung vor der Erbschaft durchaus machbar. Selbstverständlich muss der betreffende Pflichtteilsberechtigte dem auch persönlich zustimmen. Für den Firmennachfolger hat dies enorme Vorteile, denn in der Regel handelt es sich hierbei um die Geschwister. Wurden diese mit einem Vermögenswert abgefunden, so stehen sie häufig der Führung und Fortführung der Firma nicht im Wege.

Ist diese Pflichtteilsregelung nicht rechtzeitig geordnet und kein Bargeld oder andere Mittel, die man veräußern könnte vorhanden, kann das Erben und Vererben Streit bedeuten. In aller Regel nicht über die gesetzliche Quote, aber über die Pflichtteilshöhe. Unter Umständen werden dann teure Sachverständigen-Gutachten verlangt. Lt. Fachleuten ist eine Unternehmens-Bewertung sehr viel aufwendiger als eine reine Grundstücksbewertung, was die Firmenübergabe mit Pflichtteil so schwierig macht im deutschen Erbrecht.

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