Erbschaft annehmen oder ausschlagen?

Erben = Reichtum?

Nicht immer bedeutet das Erben auch gleichzeitig „reich werden“. Eine Erbschaft kann auch Risiken bergen. Das ist dann beispielsweise der Fall, wenn es sich um Schulden handelt. Hat man die Erbschaft angenommen, ist man auch für die Schulden des Erblassers verantwortlich. Nach § 1943 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist. Mit Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen. Die Erbschaft gilt auch dann als angenommen, wenn der potenzielle Erbe untätig ist, d.h. die Frist passiv verstreichen lässt. Das Gesetz vermutet in diesem Fall, dass man Erbe sein und die Erbschaft annehmen will. Das heißt also für jeden potenziellen Erben, der die Erbschaft nicht annehmen will, dass er die gesetzliche Vermutung widerlegt, also etwas dagegen tut.

Erbschaft annehmen oder besser nicht?

Wer Erbe oder Erbin ist, sei es aufgrund der gesetzlichen Erbfolge oder aufgrund eines Testaments oder Erbvertrags, sollte zunächst immer prüfen, ob er die Erbschaft annehmen möchte. Wer die Erbschaft annimmt, erbt unter Umständen nicht nur das begehrte Sparbuch und die Wertpapiere, sondern auch eventuelle Schulden. Für diese Schulden muss der Erbe geradestehen. Allerdings gibt es dennoch Möglichkeiten, um durch eine überschuldete Erbschaft nicht gleich in den Ruin getrieben zu werden. Möchte man das Andenken des Erblassers bewahren oder aus sonstigen Gründen eine überschuldete Erbschaft annehmen, ist es nicht in jedem Fall nötig, das eigene Ersparte komplett anzugreifen. Die Haftung für die geerbten Schulden kann auf die Erbmasse beschränkt werden. Im Klartext heißt das: Gläubiger, bei denen der Erblasser noch Forderungen offen stehen hat, können sich mit berechtigten Forderungen an die Erbmasse halten, das eigene Vermögen des Erbberechtigten bleibt jedoch geschützt.

Die Erbenhaftung –  der Erbe haftet für Nachlassverbindlichkeiten

Erben können sowohl Vermögen als auch Schulden des Erblassers erben. Grundsätzlich haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten. Dies betrifft auch das eigene Vermögen (unbeschränkte Erbenhaftung). Um auszuschließen, dass das eigene Vermögen für die Begleichung der Schulden des Erblassers dient, kann die Erbenhaftung auf den Nachlass beschränkt werden (beschränkte Erbenhaftung). Um diese Beschränkung der Haftung zu erreichen, muss der Erbe die Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht oder das Nachlassinsolvenz Verfahren beim Amtsgericht, als das zuständige Insolvenzgericht, beantragen. Ein Testamentsvollstrecker kann diese Aufgabe nicht übernehmen. Hier handelt es sich um höchstpersönliche Rechte des Erben, die ein Testamentsvollstrecker nicht wahrnehmen kann. Wurden die entsprechenden Schritte durch den Erben eingeleitet, dürfen in dieser Zeit keine Erbstücke veräußert oder verbraucht werden. Erst dann, wenn alle Schulden beglichen sind, stehen die übriggebliebenen Erbstücke dem Erben zu.

Aufgebotsverfahren muss man beantragen

Wurde die Erbschaft angenommen, kann der Erbe ein Aufgebotsverfahren beantragen. Dazu wird beim Nachlassgericht beantragt, alle Gläubiger des Erblassers aufzufordern, dem Gericht innerhalb einer definierten Frist mitzuteilen, welche Summe der Erblasser den einzelnen Gläubigern schuldet. Versäumt ein Gläubiger die Frist und meldet seine Forderungen nicht rechtzeitig an, so werden zunächst die anderen Gläubiger, die innerhalb der Frist ihre Forderungen angemeldet haben, bedacht und der säumige Gläubiger kann nicht damit rechnen, am Ende seine Forderungen vollumfänglich beglichen zu bekommen. Sollte sich bereits vor der Annahme der Erbschaft herausstellen, dass die Schulden überwiegen werden, kann eine Ausschlagung der Erbschaft in Betracht gezogen werden. Auf keinen Fall sollten Nachlassverbindlichkeiten geregelt werden, ohne vorab zu prüfen, ob die Erbmasse zur Begleichung der Schulden ausreicht.

Erbschaftsausschlagung

Eine Erbschaft muss nicht angenommen werden. Wer sich überlegt, eine Erbschaft auszuschlagen, hat dafür sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt, nachdem der potenzielle Erbe Kenntnis vom Erbfall erlangt hat bzw. die Testamentseröffnung bei Gericht stattgefunden hat. Binnen dieser Frist muss die Erbausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Dies geschieht durch Niederschrift beim Gericht oder in öffentlich beglaubigter Form.

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