Internationales Erbrecht: Österreich
In der Bundesrepublik Österreich liegt die Zuständigkeit für erbrechtliche Verfahren stets bei dem Bezirksgericht, das sich in dem Gerichtssprengel befindet, in dem der verstorbene Erblasser zuletzt wohnhaft war. Diese Zuständigkeit umfasst neben allen Besitztümern des Verstorbenen in Österreich ebenfalls dessen Hab und Gut im Ausland, sofern es sich hierbei um bewegliches Vermögen handelt. Bei unbeweglichem Vermögen, wie zum Beispiel Immobilien, gestaltet sich dies wiederum vollkommen anders, denn dieses unterliegt dem Erbrecht des Staates, in dem sich das betreffende Vermögen tatsächlich befindet. Demnach ist grundsätzlich der letzte Wohnsitz des Erblassers dafür entscheidend, ob das österreichische Erbrecht Anwendung findet oder nicht, wobei unbewegliches Auslandsvermögen diesbezüglich eine Ausnahme bildet.
Erbrecht Österreich: Kommt es in Österreich zu einem erbrechtlichen Verfahren spricht man im Allgemeinen von einem Verlassenschaftsverfahren. Die Eröffnung erfolgt automatisch durch das zuständige Bezirksgericht, sobald der Anfall der Erbschaft bekannt wird. Juristische Grundlage hierfür ist § 143 Abs. 1 Außerstreitgesetz. Die Abwicklung des gesamten Verfahrens obliegt dann einem Notar, wobei dieser die Rolle des Gerichtskommissärs übernimmt. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 lit b et § 2 Abs. 2 Gerichtskommissärsgesetz ist es dann dessen Aufgabe, ein Nachlassinventar zu errichten. Darüber hinaus muss der Notar als Gerichtskommissär ermitteln, ob es pflichtteilsberechtigte Erben gibt, die aufgrund ihrer Minderjährigkeit oder aus einem anderen Grund einen gesetzlichen Vertreter zur Durchsetzung ihrer erbrechtlichen Ansprüche benötigen könnten. Zudem muss der Gerichtskommissär ebenfalls feststellen, ob eine Absonderung der sogenannten Verlassenschaft von dem Vermögen der Erben zulässig ist. Falls die Möglichkeit besteht, dass das Erbe dem österreichischen Staat zufällt, ist es ebenfalls Aufgabe des Notars, dies festzustellen.
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Ablauf des Nachlassverfahrens in Österreich
Ein österreichisches Nachlassverfahren beginnt mit dem Bekanntwerden des Todesfalls des Erblassers. Gemäß § 143 Abs 1 AussStrG wird dann von Amts wegen ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen ein Notar als Gerichtskommissär eine zentrale Rolle übernimmt. In Österreich geht der Besitz des verstorbenen Erblassers nicht automatisch an die Erben über. Der österreichische Gesetzgeber untersagt eine eigenmächtige Inbesitznahme der Erbschaft.
Zuerst einmal muss eine Übergabe in den rechtlichen Besitz erfolgen, was nach § 797 ABGB und § 177 AussStrG durch die Einantwortung vonstatten geht. Bei dieser Einantwortung handelt es sich um einen Beschluss des Abhandlungsgerichts, für den der Abschluss des gerichtlichen Nachlassverfahrens vorausgesetzt wird. Daraufhin müssen die Personen, die Ansprüche am Nachlass geltend machen möchten, eine Erbantrittserklärung einreichen und anhand dieser ihre Erbenstellung beweisen. Ist ein solcher Beweis erbracht, kann das betreffende Vermögen auf den jeweiligen Erben übertragen werden. Bei Liegenschaften gilt es zu beachten, dass zusätzlich noch eine Eintragung im Grundbuch erforderlich ist.
Die gesetzliche Erbfolge in Österreich
Die juristische Basis für die gesetzliche Erbfolge in Österreich findet sich in den §§ 727 ff ABGB. Demnach legt der österreichische Gesetzgeber der gesetzlichen Erbfolge das sogenannte Liniensystem zugrunde, das häufig auch als Parentelensystem bezeichnet wird. In seiner Grundstruktur ähnelt diese Regelung der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland, denn die österreichischen Linien entsprechen weitestgehend den in Deutschland üblichen Ordnungen. Erben einer näheren Linie schließen daher alle Erben entfernterer Linien von der gesetzlichen Erbfolge aus. Darüber hinaus haben innerhalb der einzelnen Linien die Vorfahren den Nachfahren gegenüber Vorrang. Folglich werden Nachfahren im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge nur dann am Nachlass beteiligt, wenn die Vorfahren bereits vorverstorben sind.
In der gesetzlichen Erbfolge Österreichs ist die erste Linie den Kindern des verstorbenen Erblassers vorbehalten, ebenso wie deren Nachkommen. Hierbei spielt es für den Gesetzgeber keine Rolle, ob es sich um eheliche Kinder handelt oder nicht. Verstirbt ein Mensch, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, werden in Österreich somit in erster Linie die Kinder des Verstorbenen zur Erbfolge berufen. Ist ein Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits vorverstorben, treten dessen Abkömmlinge an seine Stelle.
Falls der Erblasser kinderlos war, berücksichtigt die gesetzliche Erbfolge Österreichs entferntere Linien, sodass entferntere Verwandte von Gesetzes wegen als Erben eingesetzt werden. Die zweite Linie beinhaltet die Eltern und deren Nachfahren, während die dritte Linie den Großeltern und deren Nachkommen vorbehalten ist. Die vierte und letzte Linie des Parentelensystems ist den Urgroßeltern des verstorbenen Erblassers vorbehalten. Entferntere Verwandte werden in Österreich aufgrund der geltenden Erbrechtsgrenze nicht berücksichtigt, sodass der Nachlass in Ermangelung gesetzlicher Erben dem Staat zufällt.
Der Ehegatte bildet diesbezüglich eine Ausnahme, da er in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt wird, ohne Bestandteil des Liniensystems zu sein. Inwiefern der Ehegatte am Nachlass seines verstorbenen Ehegatten beteiligt wird, hängt davon ab, welche gesetzlichen Erben ansonsten noch existieren. Neben den Kindern erbt der überlebende Ehegatte ein Drittel des Nachlasses. Falls der Erblasser zwar keine Kinder, aber Eltern, Geschwister oder Großeltern als gesetzliche Erben hinterlässt, wird der überlebende Ehegatte zu zwei Dritteln an der Erbschaft beteiligt. Hinterlässt der Verstorbene keine Verwandten, die in der gesetzlichen Erbfolge Berücksichtigung finden, wird der überlebende Ehegatte zum Alleinerben.
Das Testament in Österreich
Obwohl auch in Österreich die meisten Menschen auf die Errichtung eines Testaments verzichten und sich somit mehr oder weniger bewusst auf die gesetzliche Erbfolge verlassen, besteht in der Alpenrepublik natürlich die Möglichkeit, eine gewillkürte Erbfolge im Rahmen einer letztwilligen Verfügung zu definieren. Im Allgemeinen basiert auch österreichisches Erbrecht auf einer Testierfreiheit, sodass es jedem Bürger selbst überlassen bleibt, welche Personen er als Erben einsetzt und inwiefern diese am Nachlass beteiligt werden sollen. Allgemein ist die Testierfähigkeit notwendig beim Testament schreiben.
Folglich haben Österreicher die Möglichkeit, im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen vorzusorgen und ihren Nachlass bereits im Vorfeld zu regeln. Im Zuge dessen gilt es aber zu beachten, dass der österreichische Gesetzgeber diesbezüglich gewisse Formvorschriften macht, deren Einhaltung zwingende Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit eines Testaments darstellt.
Insgesamt kennt das österreichische Erbrecht drei Varianten des ordentlichen Testaments. Hierzu gehört unter anderem das öffentliche Testament, das von einem Gericht oder Notar dem Willen des Testators entsprechend errichtet wird. Das eigenhändige Testament wird im Gegensatz dazu vom künftigen Erblasser vollständig handschriftlich verfasst und bedarf zudem der Unterschrift des Testierenden. Zusätzlich ist auch das fremdhändige Testament in Österreich anerkannt. Die Besonderheit dieser Variante der letztwilligen Verfügung besteht darin, dass sie von einer dritten Person handschriftlich verfasst oder maschinengeschrieben wird. Dies muss im Beisein von mindestens drei Zeugen geschehen, die bezeugen können, dass es sich bei dem vorliegenden fremdhändigen Testament um den letzten Willen des Testierenden handelt.
Trotz der in Österreich existierenden Testierfreiheit bestehen diesbezüglich gewisse Einschränkungen, sodass künftige Erblasser nicht vollkommen frei über ihr Hab und Gut verfügen können. Vor allem das juristisch verankerte Pflichtteilsrecht macht vielen Testierenden einen Strich durch die Rechnung, denn dieses sieht für einige Personen eine Beteiligung am Nachlass vor, selbst wenn diese testamentarisch enterbt werden. Neben den Abkömmlingen des Erblassers gehört auch der überlebende Ehegatte zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis. Diese erhalten dann jeweils die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil. Falls keine Abkömmlinge existieren, verfügen die Verwandten in aufsteigender Linie über einen Pflichtteilsanspruch, wobei sich dieser auf ein Drittel des gesetzlichen Erbteils beläuft.
Die österreichische Erbschaftssteuer
Seit einer grundlegenden Reform des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes in Österreich, die zum 1. August des Jahres 2008 in Kraft getreten ist, erhebt der österreichische Fiskus keine Erbschaftssteuer mehr. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Schenkungssteuer. Folglich erweist sich die Alpenrepublik Österreich bezüglich der Erbschaftssteuer als wahres Steuerparadies.
Erben müssen demnach also keine Erbschaftssteuer an den Fiskus entrichten, sollten aber beachten, dass der unentgeltliche Erwerb von Liegenschaften im Rahmen der Grunderwerbssteuer versteuert werden muss.
– Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
– Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)