Internationales Erbrecht: Montenegro
Die Republik Montenegro kann auf eine überaus bewegte Vergangenheit zurückblicken und hat in den vergangenen Jahren einen erheblichen Wandel durchlebt. Nachdem Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, wurde Montenegro zunächst in die Staatengemeinschaft von Serbien und Montenegro eingegliedert. Die Unabhängigkeitserklärung Montenegros erfolgte schließlich am 3. Juni 2006 und machte die Republik zu einem souveränen Staat. Als solcher benötigt Montenegro natürlich auch eine eigene Rechtssprechung.
Trotz der Unabhängigkeit beruft sich der montenegrinische Gesetzgeber in den meisten Bereichen noch heute auf Gesetze, die aus dem früheren Jugoslawien stammen. Montenegro hat im Zuge der Unabhängigkeit zwar eine eigene Gesetzesgrundlage geschaffen, aber diese stimmt in weiten Teilen mit dem Recht anderer Nachfolgestaaten Jugoslawiens überein.
Auch in erbrechtlicher Hinsicht ist dies größtenteils der Fall. Als Nachfolgestaat des Staatenbundes Serbien und Montenegro unterliegt auch Montenegro dem Haager Testamentsformübereinkommen vom 5. Oktober des Jahres 1961. Zudem ist das montenegrinische Erbrecht auch ansonsten nahezu inhaltsgleich mit dem des Vorgängerstaats. Gemäß Art. 30 des IPR-Gesetzes ist die Staatsangehörigkeit des verstorbenen Erblassers, die dieser zum Zeitpunkt seines Todes innehatte, ausschlaggebend dafür, welches Erbrecht in dem konkreten Fall Anwendung findet. Darüber hinaus basiert das Erbrecht Montenegros auf dem Grundsatz der Nachlasseinheit.
Juristische Grundlage für das montenegrinische Erbrecht ist das sogenannte „Gesetz über Beerbung“. Diese Gesetzesgrundlage trat zum 29. Dezember des Jahres 1975 in Kraft und stammt somit noch aus den Zeiten, in denen Montenegro Bestandteil Jugoslawiens war. Nach der Unabhängigkeitserklärung hat es in dieser Hinsicht also keine grundlegende Reform oder Neuordnung des Erbrechts gegeben.
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Gesetzliche Erbfolge in Montenegro
Das in Montenegro nach wie vor geltende „Gesetz über Beerbung“ beinhaltet unter anderem eine strenge gesetzliche Erbfolge, die immer dann Anwendung findet, wenn kein Testament vorhanden ist. Da nur die wenigsten Bürger eine Verfügung von Todes wegen errichten, ist die gesetzliche Erbfolge auch in Montenegro die Basis für die meisten erbrechtlichen Verfahren.
Gemäß Art. 4, 9 und 10 des montenegrinischen Erbschaftsgesetzes erben in erster Linie die Kinder des verstorbenen Erblassers, sowie dessen überlebender Ehegatte. Der gesamte Nachlass wird dann zu gleichen Teilen unter dem Ehegatten und den Kindern aufgeteilt, wobei der Gesetzgeber Montenegros keinen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern macht. Nach Art. 9 ErbG sind zudem Adoptivkinder leiblichen Kindern in erbrechtlicher Hinsicht vollkommen gleichgestellt.
Die Kinder des Erblassers erhalten jedoch einen doppelt so hohen Erbanteil, wenn der Verstorbene ein Kind hinterlassen hat, dass gleichzeitig auch das Stiefkind des überlebenden Ehegatten ist, und der Ehegatte zudem aufgrund des ehelichen Güterstandes mehr Vermögen erbt, als ihm bei der Teilung des Nachlasses zustehen würde. Die juristische Grundlage hierfür findet sich in Art. 21 ErbG.
In Montenegro steht es bedürftigen Ehegatten zudem frei, einen Antrag auf Erhöhung der Erbquote zu stellen. Gemäß Art. 23 ErbG gesteht der montenegrinische Gesetzgeber dies dem überlebenden Ehegatten zu, sofern dieser seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Sollte der Wert des Nachlasses nur gering ausfallen, kann außerdem gerichtlich verfügt werden, dass der bedürftige Ehegatte den gesamten Nachlass von Gesetzes wegen erbt.
Hinterlässt der verheiratete Erblasser keine Abkömmlinge, werden dessen Eltern jeweils zu einem Viertel am Nachlass beteiligt. Wie Art. 12 ErbG vorschreibt, geht der Erbteil eines vorverstorbenen Elternteils auf dessen Abkömmlinge, sprich die Geschwister des Erblassers, über. Der überlebende Ehegatte erbt im Gegensatz dazu die Hälfte des Nachlasses. So wird der Ehegatte nur dann zum Alleinerben, wenn die Eltern bereits vorverstorben sind und diese zudem keine Abkömmlinge hinterlassen haben.
Testament in Montenegro
In Montenegro besteht aber natürlich auch die Möglichkeit, ein Testament zu errichten und auf diese Art und Weise auf eine gewillkürte Erbfolge zurückzugreifen. Künftige Erblasser müssen im Zuge dessen aber berücksichtigen, dass Erbverträge (Art. 103 ErbG) und Testierverträge (Art. 105 ErbG) vom montenegrinischen Gesetzgeber verboten werden. Zu gemeinschaftlichen Testamenten (in Deutschland: das Ehegattentestament und das Berliner Testament) finden sich im Erbrecht Montenegros zudem keine Informationen, weshalb es sich bei solchen Testamenten von Todes wegen mit wechselbezüglichen Verfügungen um keine offiziell anerkannte Testamentsform handelt.
Wer für den Ernstfall vorsorgen und daher ein Testament errichten möchte, sollte in Montenegro daher auf ein Einzeltestament zurückgreifen. Gemäß Art. 63 ErbG muss eine solche Verfügung von Todes wegen in handschriftlicher Form vorliegen. Darüber hinaus erkennt der montenegrinische Gesetzgeber auch das Zwei-Zeugen-Testament, das Gerichtstestament, sowie Nottestamente an. Internationale Testamente, die dem Washingtoner Abkommen entsprechen, werden in Montenegro ebenfalls akzeptiert.
Erblasser, die sich für die Errichtung eines Testaments entscheiden, müssen abgesehen von den in Montenegro geltenden Formvorschriften auch das Pflichtteilsrecht berücksichtigen. In Montenegro handelt es sich bei dem Pflichtteil um ein sogenanntes dingliches Noterbrecht, das in erster Linie den Abkömmlingen, sowie dem überlebenden Ehegatten zusteht. Der Testierende kann zwar nicht verhindern, dass die Pflichtteilsberechtigten ihre Ansprüche geltend machen, kann dank Art. 27 Satz 2 ErbG aber testamentarisch festlegen, auf welche Art und Weise diese ihren Pflichtteil erhalten. So muss es sich hierbei nicht zwingend um Geld handeln, denn stattdessen kann der Pflichtteil auch aus Rechten oder Sachen bestehen.
Erbschaftssteuer in Montenegro
In Montenegro existiert eine progressive Erbschaftssteuer, deren Höhe im Wesentlichen von dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem verstorbenen Erblasser und dem jeweiligen Erben abhängt. Erben der ersten Ordnung, wie zum Beispiel der überlebende Ehegatte, die Abkömmlinge und die Eltern des verstorbenen Erblassers, sind in Montenegro von der Erbschaftssteuer befreit. Demnach müssen die nächsten Angehörigen des Verstorbenen keinen Teil ihrer Erbschaft an den montenegrinischen Fiskus abführen.
Erben der zweiten Ordnung unterliegen dahingegen der Erbschaftssteuerpflicht und müssen im Allgemeinen zwei Prozent an die zuständige Steuerbehörde abführen, sofern ihr Erbteil nicht über 300.000 RSD liegt. Ansonsten ist eine Steuerpauschale in Höhe von 6.000 RSD fällig, wobei zusätzlich noch 2,5 Prozent Erbschaftssteuer auf den Betrag, der 300.000 RSD übersteigt, erhoben werden. Entferntere Verwandte, sowie Erben, die nicht mit dem Erblasser verwandt waren, zahlen im Gegensatz dazu stets 2,5 Prozent Erbschaftssteuer für ihren gesamten Erbteil.
Wer unbewegliches Vermögen in Montenegro erbt, muss zudem ebenfalls, (wie auch in Deutschland die Schenkungs- und Erbschaftssteuer) Erbschaftssteuer an den montenegrinischen Fiskus entrichten. Grundsätzlich liegt die Erbschaftssteuer bei Immobilien ebenfalls bei zwei Prozent, wobei der aktuelle Marktwert abzüglich Steuern und Abgaben die kalkulatorische Basis bildet. Erben der dritten oder einer noch höheren Ordnung müssen 2,4 Prozent entrichten, während sich die Erbschaftssteuer bei Personen, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis zu dem Verstorbenen standen, auf 2,6 Prozent beläuft.
Wie so oft im Leben existieren aber auch hinsichtlich der Erbschaftssteuer für unbewegliches Vermögen in Montenegro gewisse Ausnahmen:
So sind Erben der ersten Ordnung bei Immobilien ebenfalls stets von der Erbschaftssteuer befreit. Darüber hinaus ist die Erbschaft von landwirtschaftlichem Besitz für Bauern ebenfalls erbschaftssteuerfrei, sofern diese dem zweiten Verwandtschaftsgrad angehören und mit dem Erblasser in einem Haushalt gelebt haben. Handelt es sich bei dem geerbten unbeweglichen Vermögen um eine Wohnung, ist der betreffende Erbe von der montenegrinischen Erbschaftssteuer befreit, sofern er ein Verwandter zweiten Grades des Verstorbenen war und außerdem mindestens das letzte Jahr mit diesem in einem Haushalt gelebt hat.
– Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
– Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)