Internationales Erbrecht: Zypern

Kommt es auf der im östlichen Mittelmeer gelegenen Insel Zypern zu einem Erbfall, greift das zyprische Erbrecht, sofern der verstorbene Erblasser auf der Insel domiziliert war. Anders als viele andere Staaten beruft sich Zypern nicht auf das Staatsangehörigkeitsprinzip, sondern legt stattdessen das sogenannte Common Law zugrunde, wodurch das Domizil zum Zeitpunkt des Todes ausschlaggebend ist. Das Common Law definiert das Domizil jedoch nicht als letzten Wohnsitz des Verstorbenen, sondern meint hiermit vielmehr die Verbindung zu einem speziellen Rechtssystem. Demnach kann es durchaus vorkommen, dass das zyprische Erbrecht keine Anwendung findet, selbst wenn der verstorbene Erblasser seinen letzten Wohnsitz auf Zypern hatte.

Das Erbrecht Zyperns erweist sich in der Praxis also als recht kompliziert und bereitet vor allem Laien oftmals Kopfzerbrechen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für Erben, ebenso wie für künftige Erblasser, sich an das zuständige Nachlassgericht zu wenden. Kommt es in Zypern zu einem Todesfall, geht das gesamte Vermögen des Erblassers auf die Erben über, die entweder durch die gesetzliche Erbfolge Zyperns oder das Testament des Erblassers bestimmt werden. Bevor dieser Erwerb von Todes wegen jedoch erfolgen kann, wird der Nachlass einem Nachlasstreuhänder (Personal Representative) anvertraut.

Das zyprische Erbrecht gibt dem Erblasser die Möglichkeit, ein Testament zu errichten und im Zuge dessen auch einen Nachlasstreuhänder zu benennen. Dieser wird dann als Testamentsvollstrecker (Executor) bezeichnet und trägt dafür Sorge, dass der letzte Wille des verstorbenen Erblassers durchgesetzt wird. Macht der Erblasser von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch und benennt keinen Nachlasstreuhänder, übernimmt das Nachlassgericht diese Aufgabe. In einem solchen Fall nennt man den Nachlasstreuhänder auch Nachlassverwalter (Administrator). Mit der Vertretungsbewilligung (Grant of Representation), die bei jedem Nachlassgericht auf Zypern beantragt werden kann, darf der Nachlasstreuhänder schließlich tätig werden und die Nachlassabwicklung durchführen.

Gesetzliche Erbfolge in Zypern

Das zyprische Erbrecht basiert grundsätzlich auf der gesetzlichen Erbfolge, die sich wiederum auf das Verwandtenerbrecht beruft und nur durch ein rechtsgültiges Testament außer Kraft gesetzt werden kann. Liegt keine solche Verfügung von Todes wegen vor, findet demnach die gesetzliche Erbfolge Zyperns Anwendung.

Demnach erben die Kinder und der überlebende Ehegatte zu gleichen Teilen den Nachlass des verstorbenen Erblassers und werden somit dem zyprischen Erbrecht entsprechend vorrangig behandelt. Falls eines oder mehrere der Kinder bereits vorverstorben sind, greift in Zypern das Stammesprinzip, sodass die Kindeskinder zur Erbfolge berufen werden. Dieses Stammesprinzip ist auch für den Fall, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes unverheiratet war, von zentraler Bedeutung, schließlich werden der gesetzlichen Erbfolge zufolge dann ausschließlich die Abkömmlinge am Nachlass beteiligt.

Falls der Erblasser jedoch keine Kinder hinterlässt, sondern lediglich einen Ehegatten, steht diesem die Hälfte des gesamten Nachlasses zu. Die andere Hälfte geht in den Besitz der Eltern über, sofern diese zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch leben. Ist dies nicht der Fall, werden ihre Abkömmlinge zur Erbfolge berufen. War der Verstorbene kinderlos und unverheiratet, sieht das Erbrecht Zyperns vor, dass die Eltern den gesamten Nachlass erben. Sollten die Eltern oder ein Elternteil bei Anfall der Erbschaft vorverstorben sein, werden die Abkömmlinge am Nachlass beteiligt.

Testament in Zypern

Wer bereits zu Lebzeiten entsprechend vorsorgen und zusätzlich seinen Nachlass regeln will hat auch auf Zypern die Möglichkeit dazu, indem er ein Testament errichtet. Ähnlich wie in anderen Staaten sieht das zyprische Erbrecht ebenfalls strenge Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen vor. Werden diese Vorschriften nicht eingehalten, kann dies die Ungültigkeit der gesamten Verfügung bedeuten, sodass das Testament vollkommen bedeutungslos ist. Um dies zu vermeiden, sollten sich künftige Erblasser intensiv mit dem Erbrecht Zyperns befassen und gegebenenfalls einen Rechtsanwalt oder Notar aufsuchen.

Das Zwei-Zeugen-Testament ist eine der üblichen Testamentsformen auf Zypern und an einige Bedingungen geknüpft, die im zyprischen Erbrecht juristisch verankert sind. So muss eine solche Verfügung von Todes wegen handschriftlich vom Testator errichtet sein. Zudem muss dieser das Testament unterzeichnen, wobei hierbei mindestens zwei Zeugen anwesend sein müssen. Alternativ genügt es auch, wenn der Erblasser den Zeugen gegenüber bestätigt, dass es sich bei der Unterschrift auf dem Testament um seine handelt. Anschließend unterzeichnet jeder Zeuge das Testament im Beisein des Testators und bestätigt auf diese Art und Weise die Richtigkeit des vorliegenden Testaments.

Grundsätzlich sieht das zyprische Erbrecht eine Testierfreiheit vor, wodurch es Testatoren freigestellt ist, welche Personen sie in welcher Form im Rahmen ihres Testaments bedenken. Diese Testierfreiheit hat aber auch auf Zypern ihre Grenzen und wird durch das Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Demnach steht nahen Angehörigen des verstorbenen Erblassers stets ein gewisser Pflichtteil zu, selbst wenn der Erblasser testamentarisch etwas anderes verfügt hat.

Während in Deutschland Erben, denen ein gewisser Erbteil, der sogenannte Pflichtteil, auf jeden Fall zusteht, als Pflichtteilsberechtigte bezeichnet werden, nutzt der zyprische Gesetzgeber den Ausdruck Zwangserben. Zu diesen Zwangserben gehören auf Zypern neben den Abkömmlingen des Erblassers auch dessen Ehegatte und Eltern.

Erbschaftssteuer in Zypern

Seit dem 1. Januar des Jahres 2000 erhebt der zyprische Fiskus keine Erbschaftssteuer mehr, da diese im Rahmen einer Steuerreform abgeschafft wurde.

Folglich sind Erwerbe von Todes wegen grundsätzlich steuerfrei. Dies bedeutet aber keineswegs, dass Erben keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Steuerbehörden haben, denn dies ist keineswegs der Fall. Auf Zypern besteht eine Meldepflicht für Erbschaften, die spätestens ein halbes Jahr nach dem Tod des Erblassers durch die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses erfüllt werden muss.

Grundsätzliches zum internationalen Familien- und Erbrecht
Internationales Erbrecht (alle Länder in der Übersicht)

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