Ermittlung des Zeitbedarfs in der Pflege
Die Zeit ist in der Pflege ein entscheidender Faktor und von zentraler Bedeutung, schließlich ergibt sich aus dem Zeitbedarf der jeweilige Pflegeaufwand, der wiederum für die Festlegung einer Pflegestufe in der Pflegeversicherung ausschlaggebend ist. Die besondere Schwierigkeit hierin besteht in der Tatsache, dass der Zeitbedarf von Person zu Person variiert. So kann das Waschen des Pflegebedürftigen je nach Erkrankung und Schwere der Pflegebedürftigkeit zehn Minuten dauern, mitunter aber auch eine knappe Stunde in Anspruch nehmen. Auch die Fähigkeiten der Pflegeperson spielen bei dem tatsächlichen Zeitbedarf eine große Rolle, denn während die Pflege für qualifizierte Krankenpfleger und Pflegehilfskräfte Routine ist, benötigen Laienpfleger hierfür in der Regel deutlich mehr Zeit.
Im Rahmen einer Begutachtung, die zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit dient, muss ein Gutachter dann festlegen, welcher Zeitbedarf existiert. Da gesetzliche Pflegeleistungen nur auf Antrag gewährt werden, ist die Ermittlung notwendig. In Anbetracht der Tatsache, dass die Einstufung des Zeitbedarfs nicht von den Fähigkeiten des Pflegenden abhängen darf und möglichst objektiv erfolgen sollte, erweist sich die Ermittlung des Zeitbedarfs in der Pflege als recht schwieriges Unterfangen.
Zeitkorridore für die Grundpflege
Die Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach SGB, dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches geben Zeitkorridore für die Grundpflege vor und sind für alle Versicherten und anderen Beteiligten der gesetzlichen Pflegeversicherung verbindlich. Die Bemessung der Zeit orientiert sich an sogenannten Laienpflegern, die die betreffende Verrichtung innerhalb der vorgegebenen Zeit bewältigen können. Für das Baden des Pflegebedürftigen werden beispielsweise 20 bis 25 Minuten veranschlagt, während für die Zahnpflege ein Zeitfenster von 5 Minuten existiert. Die 13 häufigsten Verrichtungen der Grundpflege wurden auf diese Art und Weise mit Zeitkorridoren versehen, die die Ermittlung des Zeitbedarfs in der Pflege wesentlich vereinfachen sollen.
Wird die Pflege jedoch von keinem Angehörigen ehrenamtlich übernommen, sondern stattdessen die Hilfe eines professionellen Pflegedienstes in Anspruch genommen, können die Zeitkorridore nur teilweise angerechnet werden. Bei einer teilweisen Übernahme oder Beaufsichtigung einer pflegerischen Handlung werden die Zeitkorridore demnach nur zum Teil angerechnet.
Trotz der engen Vorschriften der Richtlinien des Sozialgesetzbuches bleibt bei der Ermittlung des Zeitbedarfs in der Pflege durchaus noch Raum für Individualität. So können pflegeerschwerende und pflegeerleichternde Faktoren bei der Kalkulation des jeweiligen Zeitbedarfs berücksichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass in dem Pflegegutachten entsprechende Gründe angeführt werden.