Entziehungsgrund Familienstreit

Streitigkeiten kommen in den besten Familien vor und lassen sich für gewöhnlich recht schnell klären. Handelt es sich aber nicht um kleinere Differenzen, sondern vielmehr um Konflikte, die die gesamte Familie entzweien, gestaltet sich dies jedoch anders. Sind die Fronten derartig verhärtet, dass keine Versöhnung mehr möglich ist, hat dies in vielen Fällen eine Enterbung zur Folge.

Gehen Familienmitglieder im Streit auseinander und lehnen eine Versöhnung ab, sollen diese vielleicht doch nicht so unbedingt am Erbe des jeweils anderen beteiligt werden. Aus diesem Grund werden im Falle von gravierenden Familienstreitigkeiten häufig testamentarische Enterbungen vorgenommen. Die Kinder, der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner, sowie unter bestimmten Umständen entferntere Abkömmlinge und die Eltern können als Angehörige des pflichtteilsberechtigten Personenkreis aber Pflichtteilsansprüche geltend machen und so trotz testamentarischer Enterbung eine Beteiligung am Erbe erwirken.

Pflichtteilsentziehung

Das Enterben von gesetzlich Berechtigten ist jedoch nicht so einfach. Per Gesetz besteht aber auch die Möglichkeit, einen Pflichtteilsentzug zu erwirken. Hierdurch wird einem pflichtteilsberechtigten Erben sein Anspruch auf den Pflichtteil entzogen, sodass dieser in der Tat leer ausgeht und in keinster Weise am Nachlass beteiligt wird. Durch eine rechtskräftige Pflichtteilsentziehung verfällt demnach der Pflichtteilsanspruch des betreffenden Erben.

Damit eine Pflichtteilsentziehung juristisch anerkannt wird, müssen aber gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Gemäß § 2336 BGB muss der Erblasser selbst die Pflichtteilsentziehung im Rahmen seiner Verfügung von Todes wegen vornehmen. Darüber hinaus muss er auch einen adäquaten Grund liefern, der im BGB als Entziehungsgrund anerkannt wird. Der Testierende muss in seiner Verfügung zumindest den Kernsachverhalt schildern, dessen Wahrheitsgehalt selbstverständlich für ein Gericht überprüfbar sein muss.

Pflichtteilsentziehungsgründe

In § 2333 BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches sind alle legitimen Pflichtteilsentziehungsgründe aufgeführt, die eine Entziehung des Pflichtteils zur Folge haben, sofern der Erblasser dies in seinem Testament verfügt hat. Demnach kann einem pflichtteilsberechtigten Erben sein Pflichtteilsanspruch entzogen werden, wenn er dem Erblasser, dessen Ehegatten, einem seiner Abkömmlinge oder einer ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben trachtet oder sich eines Verbrechens gegenüber dieser Personen gegenüber schuldig gemacht hat. Auch eine mit Vorsatz begangene körperliche Misshandlung des Erblassers oder des Ehegatten, sofern der Erbe von diesem abstammt, ist ein Entziehungsgrund.

Eine Verletzung der Unterhaltspflicht dem Erblasser gegenüber wird in § 2333 BGB ebenfalls als Entziehungsgrund aufgeführt. Wurde der betreffende Erbe zu einer mindestens einjährigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt, kann eine Beteiligung des betreffenden Pflichtteilsberechtigten als unzumutbar angesehen werden, wodurch eine Pflichtteilsentziehung juristisch gerechtfertigt wird.

Pflichtteilsentzug bei Streitigkeiten

Liegt einer der genannten Gründe vor, steht einer Pflichtteilsentziehung in juristischer Hinsicht nichts mehr im Wege. Sofern der Erblasser den zutreffenden Grund in seinem Testament aufführt und ausdrücklich verfügt, dass er eine Pflichtteilsentziehung wünscht, geht der betreffende Erbe trotz genereller Pflichtteilsberechtigung leer aus und wird in keinster Weise am Nachlass beteiligt. Außerhalb dieser Regelungen bleibt es jedoch einem Erblasser unbenommen, durch Schenkungen die Anteile zu schmälern, doch auch das funktioniert unter Umständen nur teileweise.

Viele Erblasser möchten aber eine Pflichtteilsentziehung aufgrund von Familienstreitigkeiten erwirken, auch wenn keiner der im BGB genannten Gründe zutrifft. Nach aktueller Gesetzeslage ist dies jedoch nicht möglich, da ausschließlich die im Bürgerlichen Gesetzbuch aufgeführten Gründe Basis einer Pflichtteilsentziehung sein können. Selbst wenn der Erblasser jahrelang keinen Kontakt mit dem betreffenden Erben hatte, steht diesem der Pflichtteil zu, sofern er zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehört.

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