Bewertung Pflichtteilsergänzungsanspruch
In der Bundesrepublik Deutschland existiert zwar eine allgemeine Testierfreiheit, die eine freie Gestaltung der letztwilligen Verfügung ermöglich. Doch durch das Pflichtteilsrecht hat der Gesetzgeber diese Möglichkeiten im Testament erheblich eingeschränkt. So ist man bei der Errichtung eines Testaments nicht vollkommen frei, sondern sollte einige Dinge unbedingt bedenken. Hierzu zählt auch die Tatsache, dass Personen, die zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis gehören, zwar enterbt, aber nicht vollständig von der Erbfolge ausgeschlossen werden können. Nimmt der Erblasser also eine testamentarische Enterbung eines Kindes oder seines Ehegatten bzw. Lebenspartners vor, erwirbt die betreffende Person einen Pflichtteilsanspruch.
Folglich erhalten diese Personen auf jeden Fall die Hälfte des ihnen eigentlich zustehenden gesetzlichen Erbteils, falls sie durch das Testament des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Da der Gesetzgeber nur in wenigen Ausnahmefällen eine Pflichtteilsentziehung akzeptiert, versuchen einige Erblasser, diese Regelung zu umgehen, indem sie den betreffenden pflichtteilsberechtigten Erben nicht enterben, sondern geringfügig in der gewillkürten Erbfolge berücksichtigen.
Alternativ werden oftmals auch Schenkungen dazu genutzt, um den Pflichtteil eines Enterbten zu schmälern. So verschenkt der Erblasser zu Lebzeiten einen Teil seines Vermögens und beabsichtigt hiermit, den Nachlass zu verkleinern, was selbstverständlich auch einen geringeren Pflichtteilsanspruch zur Folge hätte.
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Pflichtteilsergänzungsanspruch als Schutz der Pflichtteilsberechtigten
Zum Schutz der Pflichtteilsberechtigten schiebt der deutsche Gesetzgeber solchen Vorgehensweisen durch den juristisch verankerten Pflichtteilsergänzungsanspruch einen Riegel vor. Fällt das testamentarisch definierte Erbe eines pflichtteilsberechtigten Erben geringer als der ihm zustehende Pflichtteil aus, kann der Betroffene einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Dieser beläuft sich auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Erbteil und dem gesetzlichen Pflichtteil und schafft so einen finanziellen Ausgleich.
Schenkungen, die in den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers durch diesen getätigt wurden, werden im Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht angerechnet und können somit dafür sorgen, dass etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen. Während im ersten Jahr noch der komplette Wert der Schenkung angerechnet wird, verringert sich dieser jährlich um jeweils ein Zehntel, sodass Schenkungen nach zehn Jahren keinen Einfluss mehr haben.
Bewertung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen
Der Wert des gesamten Nachlasses bildet die rechnerische Grundlage für die Bewertung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Da der Pflichtteil stets ein gewisser Anteil des gesamten Nachlasses ist, gilt dies auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch, schließlich handelt es sich hierbei um die Differenz zwischen dem Erbteil und dem gesetzlichen Pflichtteil. Folglich ist die Wertermittlung des Nachlasses von zentraler Bedeutung für die Bewertung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Aus diesem Grund ist der Berechtigte in der Lage und im Recht, wenn er ein Nachlassverzeichnis vom Erben fordert.
Der Wert des Nachlasses ergibt sich aus dem Wert der einzelnen Vermögenswerte, die gegebenenfalls noch bewertet werden müssen, und der Höhe der etwaigen Erblasserschulden, die selbstverständlich auch Bestandteil des Nachlasses sind. Ein Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch verrät dann, wie hoch der gesetzliche Pflichtteil der Kinder, des Ehegatten oder des Lebenspartners ist. Falls das tatsächliche Erbe geringer ausfällt oder Schenkungen in den letzten zehn Jahren getätigt wurden, ergibt sich mitunter eine Differenz zwischen dem Pflichtteil und dem tatsächlichen Erbteil, die es dann mithilfe der Pflichtteilsergänzung auszugleichen gilt.