Familienerbrecht der Patchwork-Familie

Während Patchwork-Familien früher eher die Ausnahme waren, sind diese heutzutage keineswegs mehr ungewöhnlich, sondern vielmehr allgegenwärtig. Statistisch gesehen landet die Hälfte aller Ehepaare in Deutschland früher oder später vor dem Scheidungsrichter. Jährlich werden so rund 200.000 Ehen geschieden. Der Hamburgischen Notarkammer zufolge werden auf diese Art und Weise Jahr für Jahr etwa 150.000 Kinder aus ihrem gewohnten Familienverband gerissen und so zu Scheidungswaisen.

Oftmals wagen sich die Trennungsopfer eines Tages wieder vor den Traualtar und ehelichen ihren neuen Partner in dem festen Glauben, dass die Ehe dieses Mal hält. So übernimmt die Stiefmutter bzw. der Stiefvater die Rolle eines leiblichen Elternteils im Familienverband. Bringt der neue Partner eigene Kinder mit in die Ehe, gestaltet sich die familiäre Konstellation noch schwieriger, schließlich müssen auch die Stiefkinder miteinander auskommen. Ein erneuter Kindersegen führt zudem dazu, dass die Familie um Halbgeschwister erweitert wird.

Die Verhältnisse innerhalb einer Patchwork-Familie können sich also wahrlich als recht komplex erweisen und sind nicht nur für die Kinder schwierig. Insbesondere in Anbetracht des deutschen Erbrechts entstehen in Patchwork-Familien immer wieder Unklarheiten, da der Gesetzgeber die klassische Familie aus Mutter, Vater, Kind fokussiert und Patchwork-Familien eher vernachlässigt. Das deutsche Familienerbrecht wurde zwar jüngst modernisiert, doch es beachtet die rechtlichen Bedürfnisse der ständig höheren Zahl von Patchwork-Familien noch nicht.

Das Familienerbrecht in Patchwork-Familien

Verstirbt ein Partner innerhalb einer Patchwork-Familie ist oft nicht klar, wie sich das Familienerbrecht für solche Familien gestaltet. Der Gesetzgeber geht schließlich für gewöhnlich vom klassischen Vater-Mutter-Kind-Modell aus und lässt solch zusammengewürfelte Familien außer Acht, die klassische Familienerbfolge kann hier also nicht angewandt werden.  Diese stiefmütterliche Behandlung wird der heutigen Realität jedoch keineswegs gerecht, schließlich sind Patchwork-Familien längst an der Tagesordnung und zählen zu den häufigsten Familientypen in Deutschland.

Im deutschen Erbrecht werden ausschließlich leibliche Kinder des Erblassers berücksichtigt, sodass Stiefkinder im Falle des Todes der Stiefmutter bzw. des Stiefvaters leer ausgehen. Die gesetzliche Erbfolge erkennt nur die leiblichen Kinder, sowie Adoptivkinder als Erben an. Diese Tatsache entfacht ein enormes Konfliktpotential zwischen den Kindern einer Patchwork-Familie, denn auch zwischen Stiefkindern und –eltern können enge Bindungen bestehen.

Falls die Partner einer solchen Patchwork-Familie nicht miteinander verheiratet waren und ein Partner verstirbt, erhält der überlebende Partner nichts, sodass ausschließlich die leiblichen Kinder erbberechtigt sind. Gibt es denn das Erbrecht der Stiefkinder? Nein, diese haben ebenfalls kein Erbrecht, es sei denn, sie sind im Testament berücksichtigt.

Testament für Patchwork-Familien

Wer in einer Patchwork-Familie lebt und seine Lieben im Ernstfall bestens abgesichert wissen will, sollte sich bereits frühzeitig darum bemühen und ein Testament errichten. Auf diese Art und Weise kann das Erbe nach dem eigenen Willen verteilt werden, sodass es keine Rolle spielt, ob die Kinder blutsverwandt sind oder nicht. Mithilfe einer letztwilligen Verfügung kann man schließlich auch die Stiefkinder problemlos am Erbe beteiligen, ebenso wie unverheiratete Partner.

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