Wenn die Wahlverwandtschaft erben soll
Viele Menschen machen sich wenig oder gar keine Gedanken über ihren eigenen Nachlass und dessen Verteilung und überlassen es so dem deutschen Gesetzgeber und hiermit dem Nachlassgericht, ihren Nachlass zu vererben. Ängste, Unsicherheiten oder Unwissenheit, es gibt viele Gründe, warum Verbraucher so handeln und ihre persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten ungenutzt lassen. Im Allgemeinen spricht auch nichts dagegen, sich auf die gesetzlichen Regelungen zu verlassen, denn im Fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches geht der deutsche Gesetzgeber ausführlich auf das Erbrecht ein und klärt dieses detailliert. Juristische Laien sehen so oftmals keinen Handlungsbedarf und scheuen ohnehin die Konfrontation mit dem eigenen Tod.
Trotz aller Hemmungen sollte man sich der Realität stellen und der Tatsache ins Auge sehen, dass man eines Tages sterben wird. Der Tod ist ebenso wie die Geburt elementarer Bestandteil des Lebens und somit unausweichlich. Wer sich dies bewusst macht, sollte auch an seine Angehörigen denken und versuchen, ihnen Erleichterung zu verschaffen. Der Tod eines geliebten Menschen verursacht natürlich immer massiven Schmerz und tiefe Trauer, schließlich gilt es, den Verlust erst einmal zu verkraften. Hat dieser zu Lebzeiten aber bereits seine Erbangelegenheiten geregelt, macht es dies für die Hinterbliebenen mitunter deutlich leichter. So müssen sich diese nicht fragen, was sich der Verstorbene wohl gewünscht hätte. Auch hieraus resultierende Streitigkeiten bleiben so aus.
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Gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge?
Zunächst müssen künftige Erblasser feststellen, ob in ihrem Fall die gesetzliche oder eine gewillkürte Erbfolge vorzuziehen ist. Eine pauschale Antwort auf diese zentrale Frage kann es nicht geben, da dies eine höchstpersönliche Entscheidung ist. So muss man sich in einem ersten Schritt intensiv mit dem deutschen Erbrecht auseinandersetzen und die Einzelheiten der gesetzlichen Erbfolge in Erfahrung bringen. Hat man sich erst einmal hiermit vertraut gemacht, muss man die Bestimmungen der gesetzlichen Erbfolge noch auf den eigenen Erbfall übertragen. Gegebenenfalls sollte man einen erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar aufsuchen und gemeinsam mit diesem erörtern, wie der eigene Nachlass im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge verteilt werden würde.
Sofern die Nachlassregelung von Gesetzes wegen den eigenen Vorstellungen entspricht, besteht seitens des künftigen Erblassers kein Handlungsbedarf. In vielen Fällen ist dem allerdings nicht so. Vor allem die Tatsache, dass ausschließlich der überlebende Ehegatte beziehungsweise eingetragene Lebenspartner sowie die nächsten Verwandten erbberechtigt sind, widerspricht den Wünschen der meisten Erblasser. Häufig soll auch die sogenannte Wahlverwandtschaft, also die Freunde, ebenfalls am Nachlass beteiligt werden. Von Gesetzes wegen ist dies nicht vorgesehen, so dass eine gewillkürte Erbfolge Abhilfe schaffen muss. Der Begriff Wahlverwandtschaft bezeichnet aber mitunter auch die Adoptivfamilie, die erbrechtlich natürlich auch Berücksichtigung finden soll.
Wie kann man die Wahlverwandtschaft am Nachlass beteiligen?
Im Gegensatz zu den klassischen Verwandten verbindet einen mit der Wahlverwandtschaft keine gemeinsame biologische Abstammung. Da das gesetzliche Erbrecht der Bundesrepublik Deutschland auf dem Verwandtenerbrecht basiert, stellt sich die Frage, inwiefern die Wahlverwandtschaft von Gesetzes wegen erbrechtlich berücksichtigt wird, schließlich handelt es sich hierbei lediglich um eine selbst gewählte Verwandtschaft. Im Falle einer Wahlverwandtschaft ohne jegliche juristische Grundlage, ist eine Verfügung von Todes wegen unbedingt erforderlich, um die Wahlverwandten am eigenen Nachlass zu beteiligen. Wer kein entsprechendes Testament errichtet, nimmt billigend in Kauf, dass seine sogenannte Wahlverwandtschaft erbrechtlich vollkommen unberücksichtigt bleibt und somit leer ausgeht.
Anders verhält es sich dahingegen, wenn der Begriff Wahlverwandtschaft als Synonym für die Adoptivfamilie gebraucht wird. In einem solchen Fall existiert zwar keine biologische Verwandtschaft, durch die Adoption wurde allerdings auf juristischem Wege ein Verwandtschaftsverhältnis begründet. Der deutsche Gesetzgeber macht keinerlei Unterschiede zwischen leiblichen und adoptierten Kindern. Auch die juristische Elternschaft unterscheidet sich diesbezüglich nicht, so dass Adoptiveltern die gleichen Rechte und Pflichten haben wie die biologischen Eltern eines Kindes.
Im Falle einer Adoption müssen die Beteiligten demnach nicht zwingend aktiv werden, um die Wahlverwandtschaft am Nachlass zu beteiligen, weil hier bereits die gesetzliche Erbfolge greift. Nichtsdestotrotz kann es sich natürlich lohnen, ein Testament zu errichten, schließlich hat man individuelle Wünsche die Nachlassverteilung betreffend und kann diese nur mit einer Verfügung von Todes wegen verbindlich und rechtskräftig zum Ausdruck bringen. Im Zweifelsfall sollte man stets einen Rechtsanwalt oder Notar aufsuchen und so den professionellen Rat eines Juristen einholen.