Hofübergabe im Höferecht

Grundsätzlich findet das im Fünften Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches juristisch verankerte Erbrecht in der Bundesrepublik Deutschland für sämtliche Erbfälle Anwendung, schließlich sind vor dem Gesetz alle Menschen gleich, wie es immer wieder heißt. Nichtsdestotrotz zeigt sich auch anhand des Erbrechts, dass Ausnahmen die Regel bestätigen. Das sogenannte Höferecht bildet in diesem Zusammenhang die Ausnahme und ist eine besondere Erbschaftsregelung, die nur in einigen Sonderfällen zum Einsatz kommt.

Höferecht und Höfeordnung

Das Höferecht wird oftmals auch als Höfeordnung bezeichnet und ist ein Bundesgesetz, das auf eine weitreichende Vergangenheit zurückblicken kann. Im norddeutschen Raum war die Höfeordnung das Maß aller Dinge, wenn es um das Vererben eines Bauernhofes ging. So besagt dieses Gesetz, dessen Grundlage in der Rechtsprechung der Sachsen zu finden ist, dass der Hof im Erbfall an den erstgeborenen Sohn des Erblassers geht. Ansonsten findet die Hofübergabe zugunsten des ältesten männlichen Erben des Verstorbenen statt. Mit dieser Regelung soll das Höferecht dafür Sorge tragen, dass der Familienbesitz ungeteilt an die nächste Generation übergeben wird und der Hof im Zuge der Erbschaft nicht durch eine Aufteilung unter allen Erben auseinandergerissen und so geschwächt wird. Auch der Begriff Jüngstenrecht stammt aus dem Höferecht.

In Verbindung mit dem traditionellen Höferecht wird oftmals auch vom Anerbenrecht gesprochen, das der Höfeordnung nach wie vor zugrundeliegt. Bei dem Anerbenrecht handelt es sich um eine Sondererbfolge im Bezug auf das Vererben einer Hofstelle beziehungsweise eines landwirtschaftlichen Anwesens. Dieser Sondererbfolge zufolge wird der Hof an nur einen einzelnen Erben übergeben, unabhängig davon, wie viele Erben der Erblasser hinterlässt. Auf diese Art und Weise soll der Erhalt des Hofes als geschlossene Einheit sichergestellt werden.

Das Höferecht in der heutigen Rechtsprechung zum Erbrecht

Auf den ersten Blick erscheint das Höferecht mehr oder weniger nicht mehr zeitgemäß, doch der deutsche Gesetzgeber hält nach wie am Erbrecht in der Landwirtschaft fest. Folglich erfolgt die erbrechtliche Hofübergabe nach dem Höferecht, obgleich diesbezüglich einige Einschränkungen bestehen. So war die Höfeordnung nie im gesamten Bundesgebiet von Belang, was auch heute noch der Fall ist. Daher existieren nur in einigen Bundesländern Hoferbenregelungen auf Landesebene, während in anderen Teilen Deutschlands das normale Erbrecht auch für das Vererben von Hofstellen gilt. Ein Überbleibsel aus dieser Zeit ist und bleibt wohl das viel genutzte Wohnrecht auf Lebenszeit.

In Hessen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen existiert auch heute noch das Höferecht, dass bei sämtlichen Erbfällen Anwendung findet, bei denen unter anderem ein im Familienbesitz befindlicher Bauernhof zum Nachlass des verstorbenen Erblassers gehört. In diesen Bundesländern erfolgt die Hofübergabe dem Höferecht entsprechend stets an den ältesten männlichen Erben des Erblassers. Die anderen Erben des verstorbenen Erblassers gehen aber dennoch nicht leer aus, denn der Gesetzgeber sieht in der Höfeordnung eine Abfindung der Miterben vor. Gemäß § 12 Abs. 1 HöfeO haben diese einen juristischen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich, der dem eineinhalbfachen Einheitswert – der nicht zwingend mit dem Bodenrichtwert einhergeht – der Hofstelle entspricht.

Abweichungen vom geltenden Höferecht

In den betreffenden Bundesländern ist das Höferecht eine unumstößliche Erbrechtsregelung für Hofstellen, so dass dieses im Falle eines zu vererbenden Bauernhofes und der dazugehörigen Flächen grundsätzlich Anwendung findet. Heutzutage sind Abweichungen von der Höfeordnung aber durchaus möglich, wodurch diese gegebenenfalls umgangen werden kann. Zunächst gilt es jedoch festzuhalten, dass das Höferecht nur für Hofstellen gilt, die einen entsprechenden Eintrag im Grundbuch aufweisen können. Soll das Höferecht für den jeweiligen Hof nicht gelten und somit gewissermaßen außer Kraft gesetzt werden, muss demzufolge lediglich eine Löschung des betreffenden Grundbucheintrags erfolgen. Dies muss selbstverständlich im Vorfeld des Erbfalls erfolgen, so dass es dem künftigen Erblasser und Hofeigentümer obliegt, den entsprechenden Grundbucheintrag entfernen zu lassen. Grundsätzlich ist es auf diese Art und Weise aber ohne Weiteres möglich, von der geltenden Höfeordnung abzuweichen. Die lebzeitige Übergabe von Haus und Hof ist bei Eltern allgemein sehr beliebt, nicht nur im landwirtschaftlichen Bereich. Zudem gibt es die Möglichkeit, in einem Übergabevertrag alle Dinge auch außerhalb des Höferechts zu ordnen.

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